Evangelium: Johannes 21,1.15–19
Danach zeigte sich Jesus den Jüngern noch einmal – am See von Tiberias.
Und er offenbarte sich so: Nachdem sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: »Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mit aufrichtiger, hingebungsvoller Liebe – mehr als die anderen hier?« Petrus antwortete: »Ja, Herr, du weißt, dass ich dich wie einen Freund lieb habe.« Jesus sagte zu ihm: »Weide meine Lämmer.«
Wieder fragte er ihn, zum zweiten Mal: »Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mit jener selbstlosen Liebe?« Petrus antwortete: »Ja, Herr, du weißt, dass ich dich freundschaftlich lieb habe.« Jesus sagte zu ihm: »Weide meine Schafe.«
Und zum dritten Mal sagte Jesus zu ihm: »Simon, Sohn des Johannes, hast du mich wirklich lieb – wie ein Freund?« Da wurde Petrus traurig, weil ER ihn zum dritten Mal gefragt hatte: »Hast du mich lieb wie ein Freund?« Und er antwortete: »Herr, du weißt alles – du weißt, dass ich dich lieb habe wie ein Freund.« Jesus sagte zu ihm: »Weide meine Schafe. Amen, amen, ich sage dir: Als du jung warst, hast du dich selbst gegürtet und bist gegangen, wohin du wolltest. Doch wenn du alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.«Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod Petrus Gott verherrlichen würde.
Und nach diesen Worten sagte er zu ihm: »Folge mir nach!«
***
Liebe Schwestern und Brüder!
Am vergangenen Samstag konnten wir in Weyarn die Priesterweihe von unserem Pater Augustinus und seinen Mitbruder feiern. Und am Sonntag hatte ich die Ehre auch bei ersten Messe nach seiner Priesterweihe in der wunderbaren Basilika in Waldsassen dabei sein zu dürfen.
Heute (am Sonntag) Nachmittag werden in Augsburg zwei Männern zu Priestern geweiht. Auch da darf ich dabei sein und natürlich erinnere ich mich daran, wie das damals vor 34 Jahren bei meiner eigenen Priesterweihe gewesen ist.
Der Termin der Priesterweihe ist in vielen Diözesen um das Fest Peter und Paul herum, das wir heute feiern. Das ist mit Bedacht so gewählt. Und das Evangelium, das wir gerade gehört haben, könnte bei nicht besser zum Nachdenken über die Priesterweihe und den Dienst in der Kirche im Allgemeinen passen.
Nach der Auferstehung spielt sich diese Szene am See Genezareth ab.
Drei Mal fragt Jesus den Petrus von dem ER früher einmal gesagt hatte, dass er „der Fels“ ist, auf den Jesus seine Kirche bauen will, (vgl. Mt 16,18) Drei Mal fragt Jesus diesen Petrus: liebst Du mich.
Freilich fragt er die ersten Beiden Male mit dem griechischen Wort „ἀγαπᾷς με“. – „Liebest Du mich mit der aufopfernden und selbstlosen göttlichen Liebe?“ Und Petrus antwortet mit dem griechischen Wort „φιλῶ σε“ – „Ich liebe Dich, wie man einen Freund liebhat.“
Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass ich es heute im Evangelium auch so übersetzt habe. Beide sprechen von verschiedenen Formen der Liebe. Offensichtlich ist Petrus nicht in der Lage den höchsten Anspruch christlicher Liebe zu erfüllen. Freundschaftliche Liebe bringt er ihn.
Vielleicht erinnert er sich ja in dem Moment auch daran, dass er erst vor einigen Tagen Drei Mal öffentlich geleugnet hat, Jesus überhaupt zu kennen. (vgl. Joh 18,17–27)
Und dann tut Jesus etwas, was ich großartig finde: ER ändert SEINE Wortwahl und fragt Petrus beim Dritten Mal: „φιλεῖς με“ – „Liebst Du mich in freundschaftlicher Weise?“
Obwohl das Evangelium nicht berchtet, dass Petrus da geweint hat, können wir – glaube ich – zu Recht sagen, dass er zu Tränen gerührt ist. Er ist zuinnerst getroffen. Vielleicht tief beschämt oder auch so froh, dass Jesus sich angesichts der Schwachheit, so auf ihn einlässt. Nachdem er IHN verleugnet hatte, war Petrus hinausgegangen und hatte bitterlich geweint (vgl. Lk 22,62).
Und jetzt legt Jesus, der sich eigentlich viel mehr wünschen würde, die Latte für Petrus bewusst eine Stufe tiefer. Nämlich auf die Höhe, die Petrus hinbekommt.
Dass Gott sich so herunterbeugt, beschämt den Petrus so, dass er zu Tränen gerührt ist.
Jesu hat zum Felsen, auf den ER SEINE Kirche bauen wird, einen Mann gewählt, der zwar gerne Große Worte macht: „Und wenn ich mit dir sterben müsste – ich werde dich niemals verleugnen!“ (Mt 26,35) Der aber auch seine Schwäche und seine Grenzen erlebt und beweint hat. Und der sich bewusst ist, dass er vom höchsten Level christlicher Liebe noch ein gutes Stück entfernt ist.
Und Jesus trägt ihm trotzdem auf: „Weide meine Lämmer!“ (Joh 21,15) und „Weide meine Schafe!“ (Joh 21,16 & 17) Und: „Folge mir nach!“ (Joh 21,19)
Mit Blick auf mich selbst und auf die Männer, die Jesus und die Kirche zum priesterlichen Dienst ausgesucht hat, habe ich den Eindruck: ER sucht sich nicht die Superhelden aus. ER sucht vielmehr schwache Menschen mit Fehlern und Lücken – also Menschen wie Dich und mich – um sie in Seinen Dienst zu nehmen.
Also, lieber Augustinus, uns beide kann ER scheinbar gebrauchen.
ER kann es, wenn wir uns gebrauchen lassen.
Wenn wir uns von IHM gebrauchen lassen von IHM in Dienst nehmen lassen, in dem Bewusstsein unserer eigenen Schwachheit und in dem noch größeren Bewusstsein, dass ER es ist, der all das tut, wozu wir nur unseren Mund und unsere Hände zur Verfügung stellen.
Und Liebe Schwestern und Brüder, das gilt nicht nur für die Priester.
Es gilt für alle, die in der Kirche einen Dienst haben.
Jesus legt die Latte nicht ganz oben hin. ER legt sie so hoch, dass auch Du sie überspringen kannst. Denn ER will auch DICH, ja DICH und DICH und SIE in Seinen Dienst nehmen.