Wer sagst Du, dass Jesus ist? – Predigt zum 12. Sonntag im Jahreskreis

„Für wen halten mich die Leute?“ (Lk 9,18) fragt Jesus seine Jünger. Genauer in den Urtext gesehen steht da:„Wer, sagen die Leute, dass ich bin?“
Die Jünger antworten: „für Johannes den Täufer, … für Elija, … Einer der alten Propheten ist auferstanden“. (Lk 8,19) Doch die Frage nach dem was die Leute sagen scheint nur die Einleitung zur eigentlich wichtigen Frage zu sein: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ (Lk 8,20)

Und auch da müsste es korrekter übersetzt heißen: „Wer sagt ihr, dass ich bin?“
Diese Frage, die auch in den anderen Evangelien von Jesus an seine Jünger gestellt wird, ist die Gretchenfrage nicht nur an die Jünger, sondern an jeden Christen. Und wieder genau hingesehen fragt Jesus nicht „Was denkst Du, wer ich bin?“ sondern „Wer sagst Du, wer ich bin? Die Antwort auf diese Frage entscheidet über unser Christsein. „Wer ist Jesus für Dich?“ Und noch deutlicher: „Was sagst Du über Jesus?“

Ich frage Sie das: „Wer ist Jesus für Sie?“ und „Was sagen Sie über Jesus?“ „Mit welchen Worten reden Sie über Jesus?“ – reden wir überhaupt über IHN?

Wenn ich mit dem Mikrofon herumgehen würde, würde ich auf die Frage überhaupt eine Antwort bekommen? Würde sich jemand trauen zu antworten? Und wenn – was würde er, was würde sie sagen?
Vielleicht: „Ein Vorbild“, „Ein Freund“, „Der Gründer unserer Religion“, „ein besonderer Mensch“, „Gottes Sohn“ … Alles keine falschen Antworten.

Auch Petrus hat eine solche wahre Antwort zu bieten: Wie aus der Pistole geschossen und voller Begeisterung sagt er: „Für den Christus Gottes.“ (Lk 9,20)
Freiere Übersetzungen geben seine Antwort mit „du bist der Christus, den Gott zu uns geschickt hat!“ (Volxbibel) oder „Du kommst von Gott!“ (Evangelium in leichter Sprache) wieder. Die alte Einheitsübersetzung sprach an dieser Stelle vom „Messias“. Der Messias – der Gesalbte – ist der, auf dessen Kommen die Juden seit Urzeiten warten. Der Messias ist der, der die Welt wieder in ihren ursprünglichen Heilszustand versetzten wird Zur Zeit Jesus war die Erwartung des besonders hoch. Man wartete auf einen neuen König. (Die Könige des alten Israel waren ja gesalbt worden.) Und dieser König könnte als Feldherr, der Fremdherrschaft durch die Römer endlich ein Ende setzen. In dem Bekenntnis des Petrus „Der Christus Gottes.“ (Lk 9,20) steckt die ganze Vorstellung der Juden über den Messias drin. Der Messias ist nicht nur der religiöse und geistlicher Erneuerer, sondern auch der politische, militärische und moralische Superstar. Der, bei dessen Kommen sich die Welt verändert. Und zwar zum Positiven verändert, zumindest für die frommen Juden. Und genau diese Vorstellung vom Superstar verwirft Jesus deutlich.

„Doch er befahl ihnen und wies sie an, es niemandem zu sagen.“ (Lk 9,21)
Aufs deutlichste weist Jesus die Anwendung der jüdischen Messiasvorstellung auf ihn zurück und verbietet den Jüngern ganz entschieden, diese Vorstellung weiter zu verbreiten. Jesus ist kein Superstar, kein Feldherr, kein Weltverbesserer, kein Märchenprinz, kein Barockfürst.
Und deutlichst beschreibt er, wie ER die Welt zu Verändern, zu erneuern, zu erlösen gedenkt:
„Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet und am dritten Tage auferweckt werden. (Lk 9,22) Was Jesus da für sich in Aussicht stellt, ist nicht rosig, nicht erstrebenswert, ja schockierend und bedrohlich. Doch am Ende, so sagt er es auch, wird er auferweckt werden. Der Tod, das Leid, der Untergang, wird nicht das letzte Wort behalten. Vielmehr wird durch ihn hindurch das neue Leben siegen.
Die Neue Welt, die Jesus für uns geschaffen hat, hat er nicht aus der Distanz heraus, mit Tricks oder Macht geschaffen. Vielmehr hat er sie uns dadurch erworben, dass er sein eigenes Leben eingesetzt hat, Sein Kreuz, ja den eigenen Tod auf sich genommen hat.

Und ist es deshalb nicht logisch und konsequent, dass für alle, die IHM nachfolgen wollen, nichts anderes gilt als für ihn selbst: „Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.“ (Lk 9,23f)

Die Frage „Wer ist Jesus für Dich?“ ist von entscheidender Bedeutung für unser Christsein, weil sie die Frage nach dem Leid und dem Tod in der Welt nicht ausklammert, uns nicht in eine fromme Scheinwelt versetzt. Vielmehr führt die Frage „Wer ist Jesus für Dich?“ uns direkt zu der Frage: Bist Du bereit, wie er, Dein Leben unter das Kreuz zu stellen, das Leid und den Tod anzunehmen und nicht auszublenden? Sind wir Christen bereit dem Leid und dem Tod in die Augen zu sehen? Das Leid und die Not in der Welt zu sehen? Und dahin zu gehen wo Leid Not und Tod sind?


„Wer ist Jesus für Dich?“ und „Was sagts Du, WER Jesus für Dich ist?“

Für mich ist er der, der selbst durch Not und Tod hindurchgegangen ist und so, und nur so, zur Auferstehung gekommen ist und auch uns ins neue Leben führen wird.

Und was sagen SIE, wer Jesus für Sie ist?

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