Wie über Andere sprechen – Predigt am 5. Sonntag im Jahreskreis

Liebe verheiratete Schwestern und Brüder!
Wie sprechen oder sprachen Sie über Ihre Schwiegermutter?
Und liebe Schwestern und Brüder – auch die Sie keine Schwiegermütter haben – : Wie sprechen wir über andere Menschen?

Im Evangelium wird berichtet, dass Jakobus und Johannes, Simon und Andreas mit Jesus über die Schwiegermutter des Petrus reden (Mk 1,30b). Was sie geredet haben, ist zwar nicht überliefert, doch können wir davonausgehen, dass über ihre Krankheit gesprochen wurde. Und vermutlich auch über die Sorgen, die diese Krankheit über das Haus des Petrus gebracht hat. Vielleicht hat man auch über ihre Qualitäten und ihre Leistung gesprochen. Sicher über ihr Gebrechen. Vielleicht über ihr Leben und über die Beziehungen zwischen der kranken Schwiegermutter und den Mitgliedern der Familie des Petrus.

Auf alle Fälle wurde über sie geredet. Nicht mit ihr, sondern über sie.

Über Leute zu reden ist normal. Doch gibt mir die Erzählung im Evangelium das Stichwort darüber nachzudenken, wann und wie ich über Andere rede
Und uns allen, liebe Schwestern und Brüder, stellt das Evangelium die Frage: Wann – und vor allem wie – reden wir über Andere? Vielleicht nicht nur über die Schwiegermutter, aber über Arbeitskollegen, Verwandte, Freunde, Politiker, Kirchenvertreter, über wen auch immer.

Dass all diese Menschen ihre Schwächen haben, ist keine Neuigkeit. Und dass man sich über andere Menschen Sorgen macht, ist ebenso normal, wie die Tatsache, dass man sich manchmal über sie ärgert. Und dass man dann mit anderen Menschen über diese Leute redet ist selbstverständlich.

Nicht so selbstverständlich ist, dass der Effekt dieses Redens so ist, wie im Evangelium. Da ist nämlich das Resultat des Gespräches über die Schwiegermutter, dass sie geheilt wird. „Da wich das Fieber von ihr, und sie sie diente ihnen / sie sorgte für sie.“ (Mk 1,31b)
Sie wurde nicht nur wieder gesund sondern auch wieder fähig mit denen die über sie geredet haben, in eine gute und konstruktive Beziehung zu treten und für sie da zu sein.

Wenn ich unsere Gespräche über andere Leute anschaue, – und ich will da nicht nur auf Sie,    sondern auch auf mich zeigen – ist dann nicht der Effekt häufig anders? Wird da nicht auch gelästert? Ist nicht bisweilen auch Schadenfreude zu verspüren? Sind Häme und Bosheit immer abwesend? Werden da nicht immer wieder alte Geschichten aufgewärmt?

Dass es anders sein sollte, ist uns allen klar. Aber wie schnell kann man im Reden über Andere in ein solches Fahrwasser geraten?
Der Effekt ist dann nicht selten, dass das Verhältnis mit dem über den geredet wurde, sich verschlechtert, dass Andere mit Vorurteilen belastet, und die Beziehungen untereinander beeinträchtigt werden.
In den wenigsten Fällen werden die Fehler und Schwächen dessen, über den geredet wurde, geheilt.
Häufig werden sie, weil sie noch öffentlicher werden, sogar noch verstärkt und gefestigt.

Im Evangelium wird das anders geschildert: „Sie sprachen sogleich mit Jesus über sie“ (Mk 1,30b) Die Jünger Jakobus und Johannes, Simon und Andreas redeten mit Jesus, weil sie „das Vertrauen auf Jesu heilende und im wahrsten Sinne des Wortes Not wendende Wirkkraft“ hatten. 
Sie hatten kurz zuvor in der Synagoge von Kafarnaum erlebt, wie Jesus einen Besessenen geheilt hat.

Die Jünger redeten mit Jesus über die Schwiegermutter. Nicht nur untereinander.
Und sie wussten, dass Jesus es fertigbringt, heilend zu wirken. Das ist der entscheidende Unterschied. Nicht nur über den Anderen zu reden, sondern mit Jesus über den Anderen zu reden.
Und auch nicht nur bei Jesus für den anderen zu bitten: „Bitte mach meine Schwiegermutter wieder gesund!“ Sondern mit Jesus wirklich über den Anderen reden. In dem Bewusstsein, dass Jesus auch den liebt, mit dem ich meine Schwierigkeiten habe. In dem Wissen, das Jesus den Menschen aus dem ich gar nicht schlau werde genauso gut kennt, wie mich. Aus dem Wunsch daraus, dass Jesus, der wirklich heilen kann, nicht nur den Anderen, sondern auch mich und meine Beziehung mit dem Anderen heilen kann.

Mit Jesus über den Anderen reden. Das können wir im Gebet, in der Heiligen Messe, in den Fürbitten, aber auch vor jeder Begegnung und vor jedem Gespräch. Ich bete zum Beispiel gerne beim Tischgebet „für die, über die wir reden werden“.

Wenn wir mit Jesus über die Anderen reden, für sie beten, dann bringen wir die Anderen in eine Beziehung mit Jesus. Wenn wir mit Jesus über die Anderen Menschen sprechen, bevor wir mit sonstwem über sie schwätzen, dann kann Jesus mit seiner helfenden und heilenden Hand eingreifen.
Wenn wir zuerst mit Jesus über die Anderen sprechen, dann können sich unsere Familien, unsere Arbeitsstätten, unsere Gesellschaft, ja auch die Kirche verändern.

Liebe Schwestern und Brüder!
Wie sprechen wir über andere Menschen?
Eine kleine Gewissenserforschung.
Wenn wir so über andere Menschen sprechen wollen, dass es ihnen gut geht und dass sie das Heil erfahren und dass unsere Beziehungen wieder in Ordnung kommen, dann ist ein Weg dazu sicher:
Mit Jesus über Andere zu sprechen.


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