Wo ist Emmaus? – Predigt zum dritten Sonntag der Osterzeit

Für einen Heiliglandpilger ist es gar nicht so leicht, diese Frage exakt beantwortet zu bekommen. Wo ist Emmaus?
Ich selbst kenne mindestens drei Orte, und es gibt noch mehr, die von sich behaupten, das biblische Emmaus zu sein. Diese Orte liegen verschieden weit von Jerusalem entfernt und auch nicht einmal in der gleichen Richtung.

Wo also ist Emmaus?
Schauen wir in das Evangelium. Ich möchte allerdings dabei den ersten Satz überspringen der sagt, Emmaus sei ein Dorf, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. Ich möchte mich eher mit den beiden Jüngern und mit ihnen zusammen auf den Weg nach Emmaus machen.

Es sind zwei, die miteinander auf dem Weg sind und die miteinander über all das reden, „was sich ereignet hatte“ (Lk 24,14). Ihre Namen werden zunächst nicht genannt. Sie hatten die letzten Tage Jesu in Jerusalem miterlebt. Und reden miteinander über all das, was sich ereignet hatte. Sie tauschen ihre Gedanken aus. Und dabei geschieht etwas Eigenartiges: Es kommt plötzlich ein Dritter hinzu, den sie nicht erkennen. Dieser Dritte geht mit ihnen. Sie waren wie mit Blindheit geschlagen, sodass sie nicht erkannten, dass es Jesus war, der mit ihnen ging.
Der Fremde fragt die beiden und fordert sie auf, ihre Erfahrung zu erzählen. In Worte zu bringen
und ihm, dem Dritten zu schildern, was sie bewegt. Und sie werden wirklich zuinnerst bewegt.
Sie erzählen, was sie erlebt hatten und klagen ihm ihr Leid. Sie lassen alles noch einmal Revue passieren und sprechen über ihre geplatzten Hoffnungen.
Schließlich beginnt ER ihnen den Sinn der Schrift aufzuschließen: „Musste nicht der Christus all das erleiden, und so in seine Herrlichkeit gelangen?“ (Lk 24,26)

Was sich zwischen dem Fremden und den beiden Jüngern im Laufe dieses Gespräches entwickelt, werden sie am Ende mit den Worten umschreiben: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete?“ (Lk 24,32

Und wohl weil sie zuinnerst erahnten, dass ER ein ganz besonderer ist, bitten sie ihn: „Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt.“ (Lk 24,29)

Schließlich sind sie mit ihm zu Tisch und er bricht mit ihnen das Brot. 
So wie es Jesus einige Tage zuvor mit ihnen getan hatte. 
Und sie erkennen ihn.
Sie sehen ihn zwar nicht mehr, aber sie wissen: Es ist Jesus. Er ist lebendig. Und diese Erfahrung lässt sie nicht mehr in ihrer Depression, es hält sie nicht einmal mehr auf ihren Stühlen. Sie müssen zu den Anderen zurückgehen und ihnen berichten, „was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.“ (Lk 24,35)

Sie waren in Emmaus. Dort haben sie Jesus erkannt. Sie hatten ihn erlebt, ohne es zu wissen. Aber in Emmaus haben sie ihn erkannt. Ihn, den lebendigen Christus.

Wo ist Emmaus?

Aus dem Lukasevangelium heraus würde ich sagen: Emmaus ist überall dort, wo Jünger Jesu IHN erkennen. Und auf dem Weg nach Emmaus, auf dem Weg dazu Jesus zu erkennen, sind alle die, die sich wie diese beiden Jünger über ihren Glauben austauschen. 
Wo Christen das tun, das habe ich schon oft erlebt, wird Christus lebendig.

Auf dem Weg nach Emmaus sind all die, die von ihrem Glauben erzählen, die anderen von ihren Erlebnissen mit Jesus berichten. Wenn sie den Fragern Antworten geben, dann wird Christus lebendig, das habe ich oft schon oft erlebt.

Auf dem Weg nach Emmaus sind die, die sich den Sinn der Schrift erschließen lassen. In wie vielen Bibelgesprächen kann man erleben, wie Christus selbst zum Lehrmeister wird und uns, seinen Jüngern, die Schrift erschließt.

Auf dem Weg nach Emmaus sind all die Jünger Christi, die irgendwie erahnen, dass ER da sein muss, denn ihr Herz brennt, wie wenn sie in IHN verliebt sind. 

Ich möchte jedem Christen eine solche Herzenserfahrung mit Christus wünschen.

Und auf dem Weg zur Emmauserfahrung sind all die, die zu Christus sagen: bleib doch bei uns! Die Dunkelheit ist schon fast da. Wir brauchen Deine Nähe. 
Den Christen, die so sagen, hat Christus seine Gegenwart versprochen.

Und in Emmaus angekommen sind all die, die beim Brotbrechen, bei der Feier des Herrenmahles – der Eucharistie, IHN erkennen, den auferstandenen Christus, auch wenn sie mit ihren Augen nur Brot und Wein sehen.

Wo ist Emmaus?

Wer Emmaus erlebt hat, für den ist nicht mehr so wichtig, wo die Überreste des Dorfes Emmaus liegen. Denn er weiß, wo Emmaus möglich ist. Und wer Emmaus erlebt hat, der kann nicht in seiner Depression verharren, den hält es nicht mehr auf dem Stuhl und im bequemen Sessel.
Wer Emmaus erlebt hat, der muss hinausgehen und verkünden: JESUS LEBT!

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