„Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.“ – Predigt zum 6. Sonntag in der Osterzeit

An mehreren Stellen in den Evangelien spricht Jesus von der Liebe.
Als das wichtigste Gebot nennt er: „Liebe Gott und liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ (vgl. Mk 12,29-31) 
Das wohl krasseste Wort Jesu über die Liebe lautet: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“ (Mt 5,44)
Und heute – als Teil der Abschiedsreden an seine Jünger – hören wir ihn sagen: „Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.“ (Joh 15,12)

Mit dem Gebot der Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst zitiert Jesus das Alten Testament (vgl. Lev 19,18).
Doch das, was Jesus heute vorlegt, ist beispiellos. Es ist ganz von Jesus. 
„Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.“ (Joh 15,12)

An zwei Aspekten bleibe ich immer wieder hängen.
Da ist zunächst das Wörtchen EINANDER. 
Einer den Anderen, Eine die Andere. Gegenseitig.
Liebe, unter denen die zu Jesus gehören, so verstanden wie Jesus sie möchte, ist keine Einbahnstraße. 
Ich denke, da geht es Ihnen so wie mir: Wenn ich für den Anderen etwas tue, dann möchte ich, dass auch etwas zurückkommt. 
Bei völlig fremden Leuten funktioniert das nicht immer so. Und vielleicht ist der Mensch, dem ich meine Liebe zeige, auch im Moment nicht in der Lage, meine Liebe zu erwidern. Und dennoch steckt in mir das Bedürfnis, dass meine Liebe eine Antwort bekommt. Die kann zwar ganz anders aussehen als das, womit ich sozusagen in Vorleistung gegangen bin. Sie muss auch nicht wie ein Echo sofort kommen. Aber ehrlich gesagt: Eine Antwort wünsche ich mir schon.

Jesus richtet seine Worte an seine Jünger. Die Gemeinschaft derer, die sich zu ihm zählen. 
Unter denen – also auch unter uns Christen – ist es nicht nur von ihm legitimiert, dass wir uns eine Antwort wünschen. Es stellt sich auch die Frage an jede und jeden Christen: Erwidere ich die Liebe, die mir ein Mitchrist, eine Getaufte, eine Schwester oder ein Bruder im Glauben entgegenbringt? 
Liebe unter Christen und Lieben im Sinne Jesu ist ein Geben und Nehmen. Sie ist gegenseitig. 

„Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.“ (Joh 15,12)

Der zweite Aspekt, an dem ich immer wieder hängen bleibe, ist: „WIE ICH EUCH geliebt habe.“ 
Der Maßstab, das Vorbild, das WIE zeigt Jesus selber auf. ER macht uns vor, was zu tun ist. 
Wenn wir auf IHN schauen, sein Leben betrachten, dann können wir sehen, was wir tun sollen, um so zu lieben, wie ER es sich wünscht.

ER wünscht sich, dass wir ALLE LIEBEN.
ER selbst hat sich nicht gescheut, auf die zuzugehen und sich mit denen abzugeben, die am Rand stehen und mit denen man in der Gesellschaft seiner Zeit den Kontakt zu meiden hatte: Die Aussätzigen, die öffentlichen Sünder, fremde Frauen, Kinder, Ausländer, Menschen anderen Glaubens.
Jesus hat ALLE geliebt.
ER wünscht sich, dass auch wir ALLE LIEBEN.

Er möchte, dass wir ALS ERSTE LIEBEN.
Bei verschiedenen Begegnungen, die uns die Evangelien schildern, ist es Jesus, der die Sache in die Hand nimmt, der, – ohne zu zögern – heilt, Menschen satt macht, tröstet und befreit.
Jesus möchte, dass auch wir ALS ERSTE LIEBEN.

Er zeigt uns, was es heißt, MIT TATEN ZU LIEBEN.
Jesus handelt konkret. ER macht nicht große Worte, denen keine Taten folgen. ER wendet die Not, vermehrt das Brot, stillt den Sturm, öffnet die Augen, richtet auf, verwandelt (Wasser in Wein).
Jesus will, dass auch wir MIT TATEN LIEBEN.

Und indem ER SEIN Leben hingibt, macht ER vor, was es auch bedeuten kann, MIT DEM GANZEN LEBEN ZU LIEBEN.
Jesus sagt nicht nur: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,13) ER tut es auch und stirbt für uns am Kreuz. Ja, ER macht es vor, was der Maßstab SEINER Liebe ist. 
Und ER möchte auch von uns, dass wir MIT DEM GANZEN LEBEN LIEBEN.

ALLE – ALS ERSTE – MIT TATEN – MIT DEM GANZEN LEBEN.

„Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.“ (Joh 15,12)

Ich muss zugeben, dass ich, je länger ich dieses Wort zu beherzigen versuche, um so mehr spüre, dass ich am Anfang stehe und es immer wieder neu versuchen muss.
Doch ich bin ja Christ.
Ich möchte tun, was Jesus mir aufträgt.
Ich möchte mich an SEIN Gebot halten.

„Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.“ (Joh 15,12)

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