Wie Beten und Glauben geht – Predigt am 29. Sonntag im Lesejahr C

„Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde (noch) Glauben vorfinden?“ (Lk 18,8c)

Liebe Schwestern und Brüder!

Mit dieser Frage beendet Jesus die Ausführungen an seine Jünger darüber, „dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten“ (Lk 18,1b).

Glauben und Beten gehören offensichtlich zusammen.
Ja sie bedingen einander.
Man kann sich keinen Gläubigen vorstellen, der nicht betet.
Und wer betet, der muss wohl auch Glauben haben.
Das eine ist ohne das andere nicht denkbar.

Glauben und Beten.

Glauben – woran?
Beten – worum?
Und vor allem – WIE?

Mir begegnet immer wieder Menschen, die mir erzählen, dass sie sich mit dem Beten schwertun:
Ich kann mich nicht konzentrieren.
Meine Gedanken schweifen immer wieder ab zu den Dingen, die mich beschäftigen.
Mein Gebet hat keinen Erfolg: Jetzt habe ich so viel gebetet und trotzdem widerfährt mir diese oder jene schwierige Sache.
Ich kann mir nicht die Zeit zum Beten nehmen und wenn ich Zeit zum Beten habe, dann habe ich keine Lust oder keine Kraft.

Und wie geht das überhaupt: Beten?
Ich kann doch nicht die ganze Zeit fromme Sachen aufsagen.
Und den ganzen Tag bitten und betteln, das ist doch auch komisch. Gott kennt mich doch und er weiß doch, was ich brauche.
Und dann sagt Jesus noch dazu, dass wir allezeit beten und darin nicht nachlassen sollen (vgl. Lk 18,1).

Wie ist das zu verstehen?

Liebe Schwestern und Brüder, ich verstehe das so:

Gott braucht es nicht, dass wir beten.
Es ist ganz richtig, dass er uns kennt, auch unsere Sorgen und das was wir brauchen.
Er wird durch unser Gebet auch nicht größer und auch wenn Menschen nicht beten, ist Gott dennoch da.
Gott ist da.
ER braucht unser Gebet nicht.

Aber WIR brauchen das Gebet.
Denn ich muss und darf mich immer wieder daran erinnern, dass Gott da ist.
Gott ist da. So wie die Luft zum Atmen da ist.

Haben Sie heute schon daran gedacht, dass die Luft zum Atmen da ist?
Nicht?
Aber sie ist trotzdem da. Und ohne die Luft könnten wir nicht überleben.

Wo ist die Luft zum Atmen? Das fragen wir uns, wenn es stinkt.
Und wie gut die frische Luft tut, das merken wir, wenn wir das Fenster aufmachen und voller Genuss die frische Luft einatmen.

Für mich bedeutet beten so etwas Ähnliches:
Mich ganz bewusst der Gegenwart Gottes aussetzen.
Mir bewusstmachen, dass Gott da ist.
SEINE Gegenwart genießen.
So wie ich am offenen Fenster bewusst einatme.

Die Gebetsformen, die wir so kennen: Formulierte Gebete, freies Gebet, gemeinsames oder privates Gebet, gesungenes, gesprochenes oder stilles Gebet; all das sind Hilfsmittel, um mich daran zu erinnern: Gott DU bist da.

Ich darf und muss mich daran erinnern.
Sonst würde ich es vergessen und im Laufe der Zeit vielleicht so zu leben beginnen, als ob es Gott nicht gäbe.
Und vielleicht würde ich Gefahr laufen, Gottvergessen zu werden und mich nur noch von mir und von den Dingen, die mich gefangen nehmen wollen, bestimmen zu lassen.

Ich bete, um mir bewusst zu machen, dass Gott da ist.
Und ER ist überall da: In der Kirche, im Wald, in der Arbeit, unter der Dusche, beim Autofahren und beim Hausaufgaben machen. Doch wie oft vergesse ich das.

Dabei würde mir manches leichter fallen, wenn ich spüren könnte, dass Gott da ist. Wenn ich es mir bewusst mache, dann kann ich es spüren. Und wenn ich mir Gewiss bin, dass ER da ist, dann kann ich alles was ich tue mit IHM tun.
Dann wird mein Spaziergang, meine Schreibarbeit, das Abspülen und das Gespräch mit dem Mitmenschen und was auch immer ich tue zu einem Gottesdienst.

Jesus sagt uns heute, dass wir „allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten“ (Lk 18,1b).
Er tut das, weil er uns helfen möchte, dass wir in eine immer tiefere Beziehung mit Gott kommen.
Weil er möchte, dass unser Glaube wächst und immer stärker wird, indem wir Gottes Gegenwart erfahren und stets in seiner Gegenwart und aus seiner Gegenwart leben.

Liebe Schwestern und Brüder!

„Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde (noch) Glauben vorfinden?“ (Lk 18,8c)

Er wird ihn bei denen vorfinden, die in rechter Weise beten und darin nicht nachlassen.
Er wir Glauben bei denen vorfinden,die in und aus der Gegenwart Gottes leben.

Dass ich, dass Sie zu denen gehören, daran kann ich, daran können Sie mithelfen.
Indem wir allezeit beten und darin nicht nachlassen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert