Liebe Schwestern und Brüder!
Wollen Sie heilig sein?
Als Jugendlicher wollte ich das nie!
Heilige waren für mich die Figuren, die in unserer Kirche standen. Unbewegliche Gestalten, die mit eigenartigen Blicken und Gesten auf Podesten herumstehen. Von ihrem Leben kannte ich Geschichten, die mit meinem Leben nicht viel zu tun hatten. In den Legenden oder Erzählungen aus ihrem Leben wurden meist Sachen geschildert, die ich mir entweder nicht vorstellen konnte, oder die nachzuahmen mir viel zu schwierig vorkam. Kurzum: eine so unbewegliche und seltsame Figur wollte ich nicht werden. Deshalb sagte ich: Ich will kein Heiliger werden.
Doch im Laufe meines Lebens durfte ich lernen, daß Heilige sind nämlich grundlegend anders als ich mir sie mir damals vorgestellt hatte. Heilige sind nicht statisch, sondern beweglich, nicht abgehoben, sondern Leute wie DU und ICH.
Zwei wichtige Aspekte über das heilig sein möchte ich mit der Heiligen Schrift heute hervorheben: 1. Heilige sind heilig, weil Gott heilig ist. 2. Heilige sind heilig, weil sie Gott nachzuahmen versuchen.
„Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? …Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr.“ (1 Kor 3,16.17b)
Die Korinther, die Paulus an anderer Stelle wegen verschiedenster Dinge scharf kritisieren muss, redet Paulus hier ebenso unmissverständlich als Heilige an. Das kann er, weil für ihn klar ist, dass die Heiligkeit der Gläubigen nicht die Frucht ihres guten Verhaltens oder gar ihrer Sündenlosigkeit ist.
Die Heiligkeit des Volkes Gottes ist einzig Frucht der Heiligkeit Gottes selbst.
Dass wir Heilige sein können, haben wir uns nicht selbst zu verdanken. Heilige sind wir, weil uns Gott in der Taufe in seine Familie, in die Familie der Heiligen, gerufen hat. Und das war ja sicher nicht unser Verdienst.
Sie alle und Ich, ja alle, die zu Gott gehören, können sich von Paulus sagen lassen: „Ihr seid der Tempel Gottes und als solcher seid Ihr heilig.“ Die Heiligkeit gehört also gewissermaßen zum Wesen derer, die Kinder Gottes sind, zum Wesen des Christen. „Ihr seid der Tempel Gottes!“ Wir Christen haben in unserem Wesen diese Würde.
Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte und ich kann ein Heiliger sein, weil Gott heilig ist.
Und: Heilige sind heilig, weil sie Gott nachzuahmen versuchen. „Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig.“ (Lev 19,2) So sagt es Gott durch Mose zu den Israeliten.
Und Jesus fordert seine Zuhörer auf „Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.“ (Mt 5,48) Die Vollkommenheit Gottes besteht vor allem darin, dass er immer und alle liebt und in seiner Liebe nicht nachlässt.
Dass er sich nicht rächt, nicht hasst – auch nicht seine Feinde. Dass er Gutes nicht nur denen tut, die sich zu seinen Freunden zählen. Ja lässt er nicht seine Sonne aufgehen über Gerechte und Ungerechte?
Gott ist vollkommen, weil er immer liebt, ja weil er die Liebe ist. So zu sein, so zu werden, ist das Ziel, auf das hin wir Christen, wenn wir die Heilige Schrift ernst nehmen, unterwegs sind. Kein geringerer als Gott selbst soll dabei unser Vorbild sein. Freilich wissen wir, dass wir noch kräftig was zu tun haben, bis wir dieses Ziel errechen. Wenn wir uns darum mühen, dann haben wir allerdings die besten Chancen Heilige zu sein.
Denn Heilige sind heilig, weil sie Gott, der der Heilige ist, nachzuahmen versuchen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Wollen Sie ein Heiliger, eine Heilige sein? JA – Ich möchte ein Heiliger sein! Denn 1. sind Heilige heilig, weil Gott heilig ist und 2. sind Heilige heilig, weil sie Gott nachzuahmen versuchen.