Wir brauchen das dreifache Liebesgebot mehr denn je – Predigt zum 30. Sonntag im Jahreskreis

Brauchen wir diese Geschichte aus dem Evangelium HEUTE? Haben wir heute nicht ganz andere Sorgen?
So fragte ich mich, als ich mich in der vergangenen Woche mit dem Text auseinandergesetzt habe, den uns die Kirche heute vorlegt. 
Stellen uns die aktuellen Situationen nicht vor große Probleme? Gerate ich nicht angesichts der Weltlage und vieler nicht besonders aufmunternder Nachrichten in Versuchung zu verzweifeln? Sind wir heute nicht wie gefangen in einer Falle, aus der sich kein Ausweg zeigt? Ja, viele Ereignisse stellen mich und uns, unseren Glauben und unser Gottvertrauen auf die Probe.

Wenn wir uns den Text genau anschauen, wird auch Jesus (von dem Gesetzeslehrer) auf die Probegestellt (wie es die alte Einheitsübersetzung wiedergab).
Der sicher in den Heiligen Schriften und im Gesetz bewanderte Mann will Jesus versuchen (so sagt die neue Einheitsübersetzung).
Andere Übersetzungen schreiben, er wolle Jesus eine Falle stellen. (Vgl. Hoffnung für alle)

Der Gesetzeslehrer fragt Jesus: „Welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?“ (Mt 22,36).
In unserer heutigen Situation frage ich mich und Sie: „Was ist der Punkt, auf den wir heute besonders achtgeben müssen?“
„Was ist das Zentrale in der Christlichen Botschaft für uns in dieser Zeit?“
„Was ist heute das Wichtigste?“

Jesus antwortet mit zwei Zitaten aus dem Alten Testament:
Als Erstes: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken.“ (Dtn 6,5)
Und als Zweites – ebenso wichtig – „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Lev 19,18)

Die Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu uns selbst kennt schon das Alte Testament. Dass diese drei Richtungen der Liebe aber so verknüpft sind, das ist für Jesus charakteristisch. (Vgl. Perikopen.de)

Wie geht das, Gott lieben?
Gott lieben von ganzem Herzen bedeutet, unser Innerstes, unsere tiefsten Überzeugungen und Emotionen, Gott zu schenken. Gott von ganzem Herzen zu lieben bedeutet, unser Herz für IHN zu öffnen, sodass ER uns stärken und trösten kann. Gott mit ganzem Herzen zu lieben bedeutet: Zulassen, dass ER in unserem Herzen – in unserem Innersten – da ist, wirkt und den wichtigsten Platz bekommt.
Gott lieben mit ganzer Seele bedeutet, unser ganzes Wesen, unsere Persönlichkeit und Identität, IHM anzuvertrauen. Es bedeutet, ihm unser Denken, Fühlen und Handeln zu überlassen. Wenn wir Gott von ganzer Seele lieben, übergeben wir ihm die Kontrolle. Wir vertrauen darauf, dass sein Plan für uns größer ist als unsere eigenen Pläne. Wir lassen uns von seiner Weisheit und Liebe leiten, die uns den Weg zeigen will, den wir gehen sollen.
Gott lieben mit unserem ganzen Denken bedeutet, unseren Verstand, unsere kognitiven Fähigkeiten und unser Wissen in SEINEN Dienst zu stellen. Es bedeutet, unser Denken in Einklang mit SEINEM Wort zu bringen. Wenn wir Gott mit unserem ganzen Denken lieben, denken wir nicht nur immer auch an IHN, wir beginnen zu denken wie ER.
Ich gebe zu, dass ich immer noch auf dem Weg dazu bin.

Und den Nächsten zu lieben wie sich selbst schließt unbedingt ein, dass wir uns selbst lieben. Auf uns achten, spüren – ja zuinnerst wissen – dass ICH unendlich wertvoll, DU unendlich geliebt, SIE unendlich liebenswert sind. Zur Selbstliebe gehört Achtsamkeit und Aufmerksamkeit meinen eigenen Bedürfnissen gegenüber. Wissen, was mir guttut und wo meine Grenzen sind. Was mich freut und was mich traurig macht.
Und den Nächsten zu lieben wie mich selbst, hilft mir, nicht egoistisch zu werden, sondern den Anderen als mit mir verbunden, zu sehen. Mich und den Nächsten als Geschwister, als Teil der großen Familie Gottes zu verstehen, in der Egoismus, Hass, Neid und Rache letztlich auch mich selbst zerstören würden.
Auch hier bin ich immer noch auf dem Weg.

Liebe Schwestern und Brüder! Ich hatte mich gefragt, ob wir die Geschichte aus dem heutigen Evangelium HEUTE brauchen.

Ja! Ich glaube wir brauchen das, was Jesus dem Gesetzeslehrer sagt, heute vielleicht sogar mehr denn je: Als Erstes: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken.“ (Dtn 6,5) Und als Zweites – ebenso wichtig – „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Lev 19,18)


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