„Tempus fugit!“-„Carpe Diem!“-„Anno Domini“ – Predigt zum Jahreswechsel 2023/24

Beim Blick auf den Jahreswechsel sind mir drei lateinische Wendungen gekommen, die mich zum Nachdenken gebracht haben.

Die erste heißt: „Tempus fugit“ – „Die Zeit flieht“ und entstammt einem Gedicht des römischen Dichters Publius Vergilius Maro (70–19 v. Chr.).
„Tempus fugit“ – Man könnte auch sagen: „die Zeit läuft davon“, sie vergeht (viel zu schnell).
Es scheint schon den alten Römern so gegangen zu sein wie uns: Manchen schönen und guten Augenblick würde ich gerne festhalten, länger genießen. Wenn ich einen unserer Ministranten längere Zeit nicht gesehen habe und merke, wie er oder sie in den letzten Wochen gewachsen ist, denke ich mir: „Wie die Zeit vergeht?“
„Tempus fugit“ – In der Tat wir müssen nichts tun, die Zeit vergeht von selbst. Auch wenn es sich unterschiedlich lang anfühlen mag. Eines ist sicher: die Zeit vergeht und ich kann sie nicht anhalten. Ich kann die Zeit auch nicht zurückdrehen. Ich bin in sie hineingestellt, bin ihr ausgeliefert.

Es scheint mir das geflügelte Wort des römischen Dichters Horaz (65 v. Chr.–8 n. Chr.) angebracht, das lautet: „Carpe Diem!“ „Nutze jeden Tag, die Zeit, die dir noch bleibt!“ Oder wie Horaz ausführt: „Genieße den Tag und vertraue möglichst wenig auf den folgenden.“ 
Wörtlich übersetzt heißt „Carpe Diem!“: „Pflücke den Tag!“ Mir gefällt diese Übersetzung am besten. Denn sie bringt zum Ausdruck, dass ich an jedem Tag die schönsten „Blumen“ entdecken darf. Sie für den Strauß meiner Erinnerungen sammeln, in die Sammlung meines Lebens aufnehmen und in meinem Inneren bewahren kann. Täglich prasseln unzählige Eindrücke auf uns ein. Wir sind heute – vielleicht mehr denn je – einer Flut von Wahrnehmungen ausgesetzt, unter denen es die herauszufiltern gilt, die wichtig und wertvoll sind. Das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden, Wahrheit und „Fake News“ zu trennen und uns nicht von leeren Worten und von Propaganda vereinnahmen zu lassen, das ist oft gar nicht so einfach.
„Carpe Diem!“ fordert uns auf, im Jetzt zu leben. Den gegenwärtigen Augenblick mit seiner Wirklichkeit ernst zu nehmen und das zu schätzen, was jetzt gerade passiert.

„Tempus fugit!“ und „Carpe Diem!“ sind Wendungen, die schon die heidnischen Römer verstanden hatten. Und die uns helfen können, die Zeit, in die wir gestellt sind, als gewinnbringend zu erfahren.

Für mich als Christen scheint beim Blick auf die Jahreszahlen 2023 und 2024 noch ein anderer lateinischer Mehrwortausdruck wichtig: „Anno Domini“ – „im Jahre des Herrn“, vom lateinischen vollständigen Ausdruck anno Domini nostri Jesu Christi, „im Jahre unseres Herrn Jesus Christus.
Für uns Christen ist die Zeit nicht nur eine Tatsache, der wir ausgeliefert sind. Vielmehr glauben wir, dass Christus der Herr der Zeit ist. In Ihm ist Gott in unser Leben gekommen und zeigt uns, dass wir nicht hilflos, sondern in die Schöpfung eingebunden sind.
Die uns geschenkten Jahre, das Vergangene und das Zukünftige, sind von Gott geschenkt und von seiner Gegenwart erfüllt. Es sind nicht nur unsere Jahre, sondern SEINE Jahre.

„Anno Domini 2023“ war ein Jahr, in dem ER gegenwärtig war und das uns von IHM geschenkt wurde. Ich frage mich ganz persönlich: „Habe ich es genutzt?“ „Habe ich die Tage, die Stunden GEPFLÜCKT („Carpe Diem“)?“ Und mir ist klar: 2023 ist unwiederbringlich vorbei („Tempus fugit“).

Aber ebenso ist mir „Anno Domini 2024“, das vor uns liegt, jetzt von Gott anvertraut. Ich weiß nicht, was es bringen wird. Keiner kann sagen, wie die Welt in einem Jahr aussehen wird. Ich kann aber für mich beschließen, dieses neue Jahr als „Jahr des Herrn“ „Annus Domini“ mit Gott zu beginnen. Ich möchte es mit unserem Herrn Jesus Christus leben. Versuchen, die 8.784 Stunden des neuen Jahres mit seinen 527.040 Minuten so zu nutzen („Carpe Diem“), dass die Gegenwart von Jesus Christus mir und den Menschen, die mit mir zusammen sind, so oft und so gut als möglich deutlich wird. Ich möchte nicht vergessen, dass mir die 31.622.400 Sekunden des Jahres 2024 von Gott geschenkt sind und dass sie in einem Jahr vergangen sein werden („Tempus fugit!“)

Ihnen allen, liebe Schwestern und Brüder, ein von Gottes Gegenwart erfülltes ANNUS DOMMINI 2024!

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