Liebe Schwestern und Brüder!
Welche Haltung haben wir beim Gebet?
Ich meine nicht nur die innere Haltung, sondern auch die äußere. Die gehören ja beide zusammen.
Die meisten von uns haben es gelernt, beim Beten die Hände zu falten. Vielleicht sogar sich hinzuknien. Ich habe ehrlich gesagt Schwierigkeiten mit diesen beiden Gesten.
Nicht nur dass ich mit meinen kaputten Knien nicht ohne Schmerzen knien und schon gar nicht gut wieder aufstehen kann. Auch das Halten der einen Hand durch die Andere empfinde ich fast wie eine Selbstblockade, wie eine Verhinderung, meine Hände zu gebrauchen.
MIR tut es gut, beim Beten zu stehen. Und ich bin so froh, dass ich als Priester beim Gebet die Hände ausbreiten und sie zum Himmel erheben darf. Bringt doch das Ausbreiten der Hände zum Ausdruck, dass ich mich öffne für Gott und für das was und für den der auf mich zukommt.
Das Stehen ist die Haltung eines Befreiten, eines freien Menschen, der seinem Gegenüber nicht nur gegenübertreten,
sondern ihm auch auf Augenhöhe begegnen kann.
Und die zum Himmel erhobenen Hände weisen auf den, an den sich unser Gebet richtet: Gott, den wir als „Vater im Himmel“ anrufen. Diese Haltung: stehen, ausgebreitete und zum Himmel erhobene Hände, ist die Haltung, die die Christen in den ersten Jahrhunderten pflegten.
Liebe Schwestern und Brüder, welche Haltung haben WIR beim Gebet?
Ich meine nicht nur die Äußere, sondern auch die innere Haltung. Beide gehören ja zusammen.
Haben wir die Haltung, dass wir als durch Christus erlöste Menschen, befreit von der Knechtschaft der Sünde und des Todes, dem Gott gegenüber treten können, der DICH und DICH und MICH unendlich liebt?
Dem „Vater“, vor dem wir nicht kuschen uns nicht kleiner machen müssen, sondern von dem wir wirklich alles erwarten dürfen?
Glauben wir wirklich, dass der „Vater im Himmel“ auf uns wartet und uns annimmt, und uns am liebsten bei sich hat? Und der uns so wie der barmherzige Vater in die Arme schließen möchte? Der uns nicht als Bittsteller vor dem unendlich Großen sondern als seine Ebenbilder erschaffen und zu seinen Kindern gemacht hat.
Welche Haltung haben wir beim Gebet?
Die Lesung aus dem Alten Testament hat uns den betenden Mose vor Augen gestellt. Der stellvertretend für das Volk betet und dessen Gebet um Hilfe im Kampf mit den Feinden Gott erhört und Hilfe schenkt. Dem Mose, dem irgendwann die Kräfte schwinden und der sich beim Bebet von anderen unter die Arme greifen lässt. Dem Mose und den Israeliten, die – wie schon in der Vergangenheit beim Auszug aus der Knechtschaft Ägyptens – jetzt wieder auf Gottes Hilfe ertrauen und sie erfahren.
Gott greift ein. Und ER schenkt den Sieg. Diese Erfahrung macht Mose und das Volk der Israeliten.
Sie beten mit der Haltung: Wir wissen dass wir auf DEINE Hilfe angewiesen sind UND dass wir uns auf DICH verlassen können.
Mit welcher Haltung beten wir?
Im Evangelium fordert uns Jesus auf, allezeit zu beten und darin nicht nachzulassen.
Beten WIR allezeit?
Beten WIR mit der Haltung, dass Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, etwa nicht zu ihrem Recht verhelfen würde, sondern bei ihnen zögern? (vgl. Lk 18,7)
Oder beten wir mit der Überzeugung, dass Gott uns wirklich erhört?
Manchmal habe ich den Eindruck, dass uns der Glaube daran abhanden gekommen ist, dass wir es Gott vielleicht nicht zutrauen, oder schon zu oft die Erfahrung gemacht haben
dass Gott nicht tut, was wir von Ihm erwarten.
Und so ist die Frage Jesu berechtigt: „Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ (Lk 18,8)
„Allezeit beten und darin nicht nachlassen“ (Lk 18,1) sollen wir. Dazu fordert uns Jesus auf! Und ich frage mich: Bete ich allezeit? Oder bin ich da nicht eher nachlässig? Bete ich für die Menschen, über die mich ärgere? Bete ich, wenn ich mich freue? Bete ich, mit unerschütterlichem Vertrauen auf die liebende Zuwendung Gottes? Bete ich, indem ich mich wirklich Gott anvertraue?
Mit welcher Haltung bete ich?