Was unterscheidet die beiden Männer, von denen uns Jesus in seinem Gleichnis erzählt?
Der eine ist ein Pharisäer. Er gehört also zu dem Kreis von Menschen, die sich wirklich ernsthaft um ihren Glauben gekümmert haben. Mit beträchtlichem Eifer haben sie sich bemüht, nach den Vorschriften der Bibel zu leben. Wenn man die Liste guter Taten anschaut, die er selbst aufzählt, dann wird das ja sichtbar.
Der andere Mann ist ein Zöllner. Er gehört zu dem Kreis von Menschen, die mit den verhassten Besatzern zusammenarbeiten und sich auf Kosten der Anderen bereichert haben. Wahrscheinlich ist er zwar wohlhabend, aber jeder weiß, dass er zu den Halunken gehört.
Beide gehen zum Gebet in den Tempel hinauf.
Aber nur einer geht – nach dem Urteil Jesu – „gerechtfertigt“ nach Hause.
Der Zöllner.
„Die Rechtfertigungslehre stellt die Frage, was geschehen muss, damit das Verhältnis zwischen Mensch und Gott, das durch die Sünden des Menschen belastet worden ist, wieder in Ordnung kommen kann.“ (kathweb.de)
Mit anderen Worten und einfacher gesagt geht der Zöllner als einer nach Hause, der wieder in einer tiefen und lebendigen Beziehung mit Gott steht. Der Pharisäer nicht.
Was unterscheidet die beiden Männer bei ihrem Gebet?
Der eine stellt SICH in den Mittelpunkt. Er stellt vor, was ER alles Gutes getan hat. Ja er schaut sogar auf den Zöllner herab. Er spricht zwar mit Gott, aber er spricht nur über sich selbst. In keiner Silbe ist zu erkennen, dass er etwas von Gott erwarten würde, geschweige denn, dass Gott an ihm handeln könnte.
Der Zöllner spricht zwar auch von sich und weiß offensichtlich, dass er ein Sünder ist. Doch er bittet Gott, an ihm zu handeln. Mit gesenktem Blick schlägt er „sich an die Brust und betet(e): Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (Lk 18,13). Mit leeren Händen steht er da. Diese leeren Hände kann Gott füllen.
Der Pharisäer hat alle Hände voll damit zu tun sich selbst zu rechtfertigen. Für das Handeln Gottes ist da leider kein Platz.
„Im Gebet des Zöllners ist Gott die bestimmende Wirklichkeit, während das Gebet des Pharisäers Gott bald aus den Augen verliert und die eigenen Vorzüge preist.“ (Pichler)
Was ich aus dem Gleichnis lerne, ist: Ich darf mit leeren Händen zu Gott kommen. Meine eigenen Leistungen – die ja nicht selten wenig rühmlich sind – können mich nicht wirklich in eine tiefe Beziehung mit Gott bringen.
Vielmehr ist es Gott, der in Beziehung mit mir treten will und es am besten kann, wenn ich mit leeren Händen vor ihm stehe. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass ich Gott durch noch so viele guten Taten nicht beeindrucken kann. Worauf es ankommt, ist, dass ich IHN in meinem Leben wirken lasse. Dann wird ER und nicht mehr ICH der Handelnde sein. Und das, was ER tut, das ist wirklich GUT.
Nach diesem Gleichnis lade ich Sie ein, so wie sie gerade dasitzen, Ihre Hände zu öffnen, vielleicht die Augen zu schließen, und sich bewusst zu machen, dass Gott sie füllen will.
Nach einer kurzen Stille: Lied „Ich steh vor Dir mit leeren Händen, Herr…“ (GL 422,1-3)