Ganz schön dreist, was die beiden Söhne des Zebedäus, Jakobus und Johannes da von Jesus erbitten: „Lass in deiner Herrlichkeit einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen!“ (Mk 10,37). Eigentlich ein Unding. Außerdem offenbaren die beiden und später auch die übrigen Apostel, dass sie noch überhaupt nicht begriffen haben, welche Maßstäbe unter der Herrschaft Jesu herrschen werden. Die Apostel scheinen überhaupt nicht begriffen zu haben, worum es Jesus geht. Ihre Maßstäbe scheinen in Rang und Stellung, in Macht und Einfluss messbar zu sein. Aber Jesus hat einen anderen Maßstab: „der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben“ (Mk 10,45). Deshalb sagt Jesus den für alle Christen bedeutsamen Satz: „Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.“ (Mk 10,43-44)
Sich über andere stellen, oder gar – wie es die Herrsche dieser Welt machen – Gewalt über andere ausüben, kann nicht im Sinne Jesu sein. Wieder einmal gibt die deutsche Übersetzung nicht korrekt das griechische Original wider: Da heißt es nämlich wörtlich übersetzt: „So aber ist es nicht bei euch“ (Übersetzt von Rainer Kampling).
Mit dem Hintergrund der Bitte der beiden Zebedäussöhne würde ich es weitaus dramatischer ausdrücken als es die Einheitsübersetzung tut: „Bei Euch geht das so nicht!“ – „Bei Euch ist so etwas ein No-Go!“
Jesus weiß und hat es ja gerade eben erst wieder bestätigt bekommen, dass es unter den Jüngern Ambitionen um die besten Plätze, Rangstreitigkeiten und Urteile über die anderen gibt. Aber seine Reaktion ist eindeutig: „Bei Euch geht das so nicht!“ „sondern: wer immer groß werden will bei euch, soll euer Diener sein; und wer der Erste bei euch sein will, soll aller Sklave sein.“ (Mk 10,43-44)
Jesus stellt hier eine Ordnung vor, die dem wie die Gesellschaft – damals wie heute – tickt diametral entgegensteht. Die Nennung des Wortes „Sklave“ allein bedeutet (nicht nur für die Zuhörer damals, sondern auch für uns heute) eine Provokation ohne Gleichen.
Und Jesus stellt hier nicht nur theoretisch die Maßstäbe auf den Kopf. Er selbst lebt vor, was er fordert: „denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“ (Mk 10,45)
Liebe Schwestern und Brüder!
Heute feiern wir in Bayern Kirchweih. Und ausgerechnet zu diesem Fest wird uns dieses Evangelium präsentiert. Heute, am Kirchweihsonntag sagt uns Jesus selbst, wie es bei uns gehen soll und was bei uns ein No-Go ist: Streben nach Macht und Einfluss, Rangdenken, sich über den Anderen stellen: „Bei Euch geht das so nicht!“
Wenn wir uns das Evangelium genau anschauen, kritisiert Jesus nicht nur die beiden Brüder mit ihrer dreisten Idee. In seine Kritik sind auch die übrigen Apostel eingeschlossen, die sehr ärgerlich über die beiden geworden sind (vgl. Mk 10,41) und sich durch ihr Urteil über sie erhoben haben. Wer auf den Anderen herunterschaut hat sich ja schon über ihn erhoben. „Bei Euch geht das so nicht!“
Der neue Maßstab Jesu gilt für alle in der Kirche: für den Papst, Bischöfe und Pfarrer, für Gläubige jeden Geschlechts und Alters.
Für mich als Pfarrer, der hier vorne dem Gottesdienst vorstehen und die Pfarreiengemeinschaft leiten soll, ist es wie ein Stachel im Fleisch, was Jesus da sagt. Und ich muss mir selbst die kritische Frage stellen (und ich stelle sie mir auch), ob ich mich nicht überhebe. Aber auch jeder andere und jede andere in der Kirche muss sich heute dem Wort Jesu gemäß die kritische Frage stellen, wo er oder sie auf andere herabsieht. – Man kann auch auf einen Öberen herabsehen! – Doch allen Christen sagt Jesus: „Bei Euch geht das so nicht!“
Ich wünsche mir und uns und der ganzen Christenheit, dass wir das immer tiefer verstehen und uns helfen, es spürbar zu leben.