„Ich hab es Dir schon hundert mal gesagt! – Wann kapierst Du es endlich?“
Wie oft, liebe Schwestern und Brüder, haben wir als Kinder diesen Satz anhören müssen?
Und wie oft haben wir schon so zu anderen gesagt oder ihnen gegenüber zumindest gedacht?
Wie oft habe ich es mir auch als Pfarrer schon gedacht: „Wieso kapiert Ihr es denn nicht? Ich habe es Euch doch schon so oft mit sanften und auch mit nachdringlichen Worten gesagt!“
Und wie oft schon hätte Gott zu mir als gläubigem Christen sagen müssten: „Wieso kapierst DU – Martin – es nicht, wo ich es Dir doch schon unzählige Male gesagt habe und es Dich sogar habe erleben lassen?“
„Ich habe schon so oft zu Dir gesprochen. Dir gesagt, dass ich Dich liebe,
dass ich mir wünsche, dass Du meine Liebe erwiderst!“
„Wie oft schon habe ich zu Dir – Martin – gesagt, dass Du meine Liebe
auch den anderen Menschen zeigen sollst und Du – Martin -, hast sie ihnen nicht gezeigt!“
„Wie oft schon habe ich Dir gesagt und Dir gezeigt, dass Du Dir keine Sorgen machen brauchst und keine Angst haben musst, weil ICH, Gott, Dich, Mensch mit all dem ausstatte und versorge, was gut für Dich ist.“
„DU hast es schon so oft gehört und immer noch nicht verstanden, geschweige denn verinnerlicht.“
Liebe Schwestern und Brüder, wenn ich das Gleichnis von der Aussaat höre, frage ich mich immer wieder: Wo fällt das Wort Gottes, das ich schon so oft gehört habe, bei MIR hin?
Und genauso frage ich mich: Wohin fällt das Wort Gottes, wenn ich es hier in unserer Pfarreiengemeinschaft ausstreue?
Auf felsigen Boden? Wo vor Oberflächlichkeit und Unbeständigkeit nicht viel Tiefgang möglich ist? Wo Äußerlichkeiten und leer gewordene Traditionen Neues und Tieferes verhindern?
Oder in die Dornen? Wo alle möglichen anderen Gedanken und Sorgen mächtiger sind? Wo Gier, Streben nach Macht und Besitz, oder was auch sonst noch, die Oberhand behalten?
Oder auf guten Boden? Auf offene Herzen, bereit zu hören, und zu verstehen? Auf offene Ohren, die nicht vom Lärm betäubt und abgestumpft sind? Auf offene Augen, die auch hinter die Fassade schauen können und nicht beim Äußeren hängen bleiben?
Wohin fällt das Wort Gottes bei mir?
Und
wohin fällt das Wort Gottes HIER?
Gottes Wort ist ein wirkmächtiges Wort.
Schon seit dem Anfang der Schöpfung ist es Gottes Wort, das Neues schafft. Die ersten Seiten der Bibel beschreiben es anschaulich, wie Gott durch sein Wort die ganze Welt entstehen lässt. (vgl. Gen 1)
Gottes Wort ist es, das immer wieder dazu aufruft, für die Armen, Notleidenden und Ausgegrenzten da zu sein. Gerechtigkeit zu üben.
Die Propheten haben das unermüdlich getan und sich damit bei ihren Zeitgenossen oft unbeliebt gemacht.
Und schließlich ist das Wort Gottes sogar Fleisch – Mensch – geworden.
Jesus Christus hat nicht nur von Gottes Liebe gesprochen und sie gezeigt, sondern sich sogar selbst aus Liebe hingegeben.
Und was bewirkt das alles in MEINEM Leben?
Was bewirkt das alles HIER BEI UNS?
Gilt für uns am Ende noch das, was Jesus vom Propheten Jesaia zitiert: „Das Herz dieses Volkes ist hart geworden. Mit ihren Ohren hören sie schwer und ihre Augen verschließen sie, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihren Ohren nicht hören und mit ihrem Herzen nicht zur Einsicht kommen“ (Mt 13,15)?
Haben wir uns am Ende auch unter das Wort gestellt: „Hören sollt ihr, hören und doch nicht verstehen; sehen sollt ihr, sehen und doch nicht einsehen.“ (Mt 13,14)?
Es ist nicht Gott, der Unfruchtbarkeit sozusagen als Strafe über die Menschen und auch die Kirche kommen lässt.
Es ist der Mensch, der durch sein Verhalten, durch seine fehlende Offenheit, durch sein Besetztsein von allem möglichen Anderen,
verhindert, dass Gott bei ihm ankommt, dass Gottes Wort in ihm Wurzeln schlagen, reifen und Frucht bringen kann.
Weil Gott nicht mit der Keule in unser Leben einschlagen oder mit der Brechstange in unsere Welt einbrechen will, sondern mit seinem Wort,
macht er sich auf uns angewiesen.
Gott versucht es immer wieder.
Mit einer Geduld, die ihresgleichen sucht.
Gott möchte in MIR und in DIR, hier BEI UNS und UNTER UNS ankommen.
Gott möchte, dass wir als Gemeinde und Gemeinschaft, aber auch wir als einzelne Christen fruchtbar sind.
Und dabei ist ER auf SIE und SIE und DICH und DICH und MICH angewiesen.
Wie oft muss ER sich schon gedacht haben:
„Ich hab es EUCH schon hundert mal gesagt! – Wann kapiert IHR es endlich?“