Im Rahmen seiner Abschiedsreden im Abendmahlssaal übergibt Jesus seinen Jüngern sein Testament. Und eines der zentralen Elemente des Vermächtnisses Jesu an die, die ihm nachfolgen ist sein neues Gebot: „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Joh 13,34). Die gegenseitige Liebe ist nach der Aussage Jesu das, woran alle erkennen werden, dass sie Jünger Jesu sind: Wenn sie einander lieben. (vgl. Joh 13,35)
Es ist also nicht eine bestimmte Kleidung, eine bestimmte Art des Essens, eine bestimmte Art zu sprechen, ja nicht einmal eine bestimmte Art des Gottesdienstfeierns, sondern die Art und Weise, wie sie miteinander umgehen, was die Christen für alle als Jünger Jesu erkennbar macht. Und wir Christen müssen uns aus den Worten Jesu die Frage stellen lassen, ob wir dem Gebot Jesu entsprechen, ob wir einander so lieben, wie ER uns geliebt hat.
LIEBEN
Liebe ist eines der wohl am meisten missbrauchten und missverstandenen Worte. Geradezu ein schillernder Begriff, der einen weiten Bogen über das Gefühlsleben und das Tun der Menschen spannt.
Die Sprache des Neuen Testament, das Griechische, kennt für das Wort LIEBE drei verschiedene Begriffe: EROS (ἔρως), PHILIA (φιλία) und AGAPE (ἀγάπη).
Was EROS bedeutet, die erotische Liebe, die Liebe zwischen zwei Menschen, die auch den sexuellen Aspekt einschließt, muss ich – glaube ich – nicht tiefer erklären. EROS bezeichnet in der antiken griechischen Literatur und in der philosophischen Tradition eine unterschiedlich definierte und beschriebene Form starken Begehrens oder Verlangens, das den Menschen wie eine übermenschliche Macht zu ergreifen scheint. Die alten Griechen führten EROS auf die gleichnamige Gottheit zurück. Weder das Neue Testament noch Jesus selbst verwenden dieses Wort für die Liebe. Wohl aber die beiden anderen Worte: PHILIA und vor allem AGAPE.
PHILIA ist die Freundesliebe. Bei ihr steht die freundschaftliche Beziehung zwischen den Liebenden im Vordergrund.
Und AGAPE bezeichnet eine göttliche oder von Gott inspirierte uneigennützige Liebe, insbesondere auch die gegenseitige Liebe der Christen. Sie hat mit Sympathie oder gar angezogen sein von dem Menschen, den ich liebe wenig bis gar nichts zu tun. Ihre Basis liegt auf einer ganz anderen Ebene. Sie gründet auf dem Gebot Gottes und braucht eine willentliche Entscheidung aus der Wertschätzung heraus ist, die jedem gebührt. So kann die AGAPE bis hin zur Feindesliebe gehen, an der ja deutlich wird, dass sie mit Sympathie oder gar Zuneigung wohl kaum etwas zu tun haben kann.
In seinem neuen Gebot verwendet Jesus – im griechischen Urtext – das Wort AGAPE. Er fordert damit alle Christen (auch uns) auf, einander zu lieben (nicht einander zu mögen). Und wie sieht diese Lieben konkret aus? Füreinander da sein, füreinander sorgen, einander ertragen, einander helfen, miteinander teilen, einander Vertrauen entgegenbringen und vieles andere mehr. Wohl gemerkt unabhängig davon, ob mir der Andere sympathisch oder unsympathisch ist und unabhängig von der Beziehung in der ich mit ihm stehe. Den Maßstab für die gegenseitige Liebe, die uns Jesus aufträgt, setzt ER selbst: „Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Joh 13,34b) „Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,12f) wird Jesus seinen Jüngern wenige Augenblicke später sagen. Und er wird es wenige Stunden später mit seinem Tod am Kreuz für alle sichtbar machen. Die Hingabe des eigenen Lebens als die höchste Form der Liebe.
Ein ganz schön hoher Maßstab, hinter dem ich ehrlichgesagt auch immer wieder zurückbleibe, hinter dem – wie uns die Geschichte und die Gegenwart zeigen – viele Christen immer wieder und leider nicht selten viel zu weit zurückbleiben. Aber Jesus nennt die Gegenseitige Liebe dennoch als das sichtbare Erkennungszeichen für die Christen. Aber meist müssen wir ja nicht gleich füreinander in den Tod gehen. Vielleicht nur unsere Zeit investieren; unsere Kraft und unsere Fähigkeiten einsetzen; unsere Ideen zur Verfügung stellen oder unsere eigenen Wünsche hintanstellen. Auch das bedeutet ja etwas von meinem Leben geben. Umgekehrt und mit dem Gedanken Jesu von der gegenseitigen Liebe gesagt, sind Egoismus, Habgier und Geiz ein NoGo. Wer sich Christ nennt und dabei nur auf sich selber schaut, an sich selber denkt und für sich selber sorgt, hat mit dem ChristSein noch nicht angefangen, denn Jesus sagt in seinem neuen Gebot ja: „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Joh 13,34)
Für die Floriansmesse an dei Feuerwehrleute gerichtet:
Liebe Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen aus Hügelshart, Ottmaring und Rederzhausen und liebe Freunde und Gäste unserer Feuerwehren. Ist das was Ihr in Eurem Dienst für die Menschen und die Gesellschaft tut nicht genau das, was Jesus mit Lieben, mit AGAPE meint? Dem Mitmenschen zu helfen, der meine Hilfe braucht – unabhängig davon in welcher Beziehung ich zu ihm stehe. Meine Zeit, meine Kraft und notfalls sogar mein Leben für den Mitmenschen einzusetzen, ist das nicht greifbar und sichtbar gelebtes neues Gebot Jesu?
Es trifft sich gut, dass uns die Kirche heute, wo Ihr Euren Schutzpatron, den heiligen Florian feiert, gerade dieses Evangelium vom Gebot der gegenseitigen Liebe vorlegt. Welches Wort könnte besser passen?
„Liebt EINANDER!“ trägt Jesus auf. Die Liebe im Sinne Jesu ist keine Einbahnstraße. Wenn ich mit Feuerwehrleuten über ihre Motivation spreche, dann höre ich immer wieder, ihre Erfahrung, dass ihr Dienst Freude und Befriedigung bedeutet. Das gute Gefühl, jemandem zu helfen, Dankbarkeit für das zu erfahren, dass man jemandem in schwieriger Situation beistehen und helfen konnte.
Heute, bei diesem Festgottesdienst, ist die Gelegenheit, Euch allen nicht nur „Vergelt’s Gott“ sondern auch ganz menschlich „DANKE“ zu sagen und so wenigstens in einem kleinen Zeichen und mit einem Applaus auch unsere AGAPE, unsere Wertschätzung zu zeigen. Und Euch zu ermuntern: Macht weiter so und setzt das neue Gebot Jesu in die Tat um.