In Apfeltrach, einem der Dörfer, in denen ich zwischen 2000 und 2007 Pfarrer war, ist in der Leonhardskirche ein bemerkenswertes Kunstwerk zu sehen: Der größte zusammenhängende, gotische Wandfreskenzyklus mit Szenen aus dem Leben Jesu
nördlich der Alpen.
Ein Bild hat mich in diesem Zyklus immer besonders fasziniert:
Vom oberen Bildrand hängt eine Wolke herab, aus deren Unterseite zwei Füße herausragen.
Eine gotische Darstellung der Himmelfahrt Jesu. Ein äußerst sympathisches Bild.
Die Männer, die da zum Himmel schauen, die Apostel, sind erstaunt, vielleicht auch traurig oder verängstigt.
Der Jesus, den sie jetzt über mehrere Jahre begleitet hatten, dessen letzte Tage in Jerusalem, dessen Leiden und Tod sie hatten miterleben müssen, dieser Jesus, den sie aber auch als den Auferstandenen erlebt hatten, verschwindet vor ihren Augen.
Er wird ihren Blicken entzogen, wie Lukas in der Apostelgeschichte beschreibt. (vgl. Apg 1,9) Er ist nicht mehr zu sehen.
Und Lukas lässt den erstaunten Aposteln durch die beiden Männer in weißen Gewändern sagen:
„Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.“ (Apg 1,11)
Beinahe vorwurfsvoll klingt der erste Satz: „Schaut nicht dumm in den Himmel hinauf!“
Mich fasziniert auch dieser Satz, weil in ihm mitschwingt, was unsere Aufgabe als Christen nicht ist:
Dumm in den Himmel zu schauen, romantisch in die Vergangenheit zu starren, dem nachzutrauern, was früher einmal doch sooo schön gewesen ist.
„Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ (Apg 1,11)
Da ist auch die Aufforderung enthalten: „Macht euch auf! setzt euch in Bewegung! Schaut euch um! Und fangt endlich an, die frohe Botschaft in die Welt und zu den Menschen zu tragen!“
Am Ende des Matthäusevangeliums sagt es Jesus so: „Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe!“ (Mt 28,19f)
Anstatt also in Starre zu verharren, in den Himmel zu schauen und der Vergangenheit hinterher zu trauern, ist der Auftrag an die Apostel: Hinauszugehen und allen Menschen, das Evangelium zu verkünden.
Diesen Auftrag hat die Kirche seitdem ernst genommen und umgesetzt.
Nach wie vor ist das der klare Auftrag an die Christen.
Auch heute! Auch für uns!
Auch uns trägt Jesus heute auf: „Geht zu allen Menschen, und macht sie zu meinen Jüngern!“
Es geht um nichts weniger, als um unsere Mitarbeit an der Bekehrung aller Menschen.
Mit seinem letzten Wort gibt er uns die Zusage, die uns zu diesem Auftrag befähigt:
„Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,20b)
Mit dieser Zusage will er uns die Angst nehmen. Und sagt uns seine Hilfe, den Mut und die Kraft zu, diesen Auftrag zu erfüllen.
Diese Zusage gilt bis heute, gilt auch für uns!
Denn auch WIR sind gerufen, das Evangelium zu verkünden, alle Menschen zu Jüngern Jesu zu machen.
Also nicht zu beklagen, dass Menschen anderen Glaubens hierher zu uns kommen, oder dass immer weniger Menschen an Jesus glauben.
Stattdessen durch unser Zeugnis und unsere Verkündigung den Menschen neu Jesus Christus bringen. Ihnen die Schönheit des Glaubens zu zeigen. Sie zu Jüngern Jesu machen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Auch der Kirche von heute, auch uns, die wir getaufte Christen sind, gilt die Botschaft von Christi Himmelfahrt:
„Steht nicht dumm da und schaut nur zum Himmel hinauf.
Geht zu allen Menschen, und macht sie zu meinen Jüngern!“
Mir scheint, dass wir, dass viele Katholiken in Deutschland diesen Auftrag oft viel zu wenig präsent haben.
Wie oft wird zum Himmel gestarrt?
Wie oft der Vergangenheit hierhergeblickt?
Und wenn sich dann der Blick wirklich wo anders hin richtet, wie oft wird daraus die Nabelschau, das sich mit sich selbst beschäftigen und um sich selbst kreisen?
Ist die Kirche, sind wir Gläubigen, nicht in der Gefahr uns ins katholische Ghetto zurückzuziehen?
Uns von der Bösen Welt abzuwenden, die offenbar nichts mehr von Gott wissen will?
Stattdessen ist der Auftrag Jesu selbst: „Geht zu allen Menschen, und macht sie zu meinen Jüngern!“
Nicht nur die in Afrika, sondern die hier in unserer Nachbarschaft.
Es ist nicht der Auftrag an die Jünger, einen heiligen Rest in einer heilen Welt zu bilden.
Vielmehr ist unser Auftrag:
zu allen Menschen zu gehen und alle Menschen zu Jüngern Jesu zu machen.
Danke für die treffende Ausführung