Wie Jesus predigt – Predigt zum 16. Sonntag im Jahreskreis Lj.B

„Und er lehrte sie lange.“ (Mk 6,34c)
Keine Angst liebe Schwestern und Brüder! Ich habe nicht vor lange zu reden. Aber ich frage mich, weshalb der Evangelist über die Predigt Jesu nur diese Bemerkung überliefert.

Bei Markus gibt es diese Bemerkung noch einmal (Mk 4,2), aber da erzählt er im Anschluss verschiedene Gleichnisse mit denen Jesus über das Reich Gottes spricht.
Heute sagt er aber lediglich „Und er lehrte sie lange.“ (Mk 6,34c)

Man kann den Satz auch übersetzten: „Und er lehrte sie Vieles.“
Aber auch dann stellt sich die Frage: Was mag Jesus wohl gelehrt haben?
Ist bei seinen Zuhörern nur hängen geblieben, dass es so lange gedauert hat? dass er viel geredet hat?

Stellen Sie sich vor, Sie werden, wenn Sie nach Hause kommen, von jemandem der jetzt nicht im Gottesdienst ist gefragt: „und was hat der Pfarrer gepredigt?“ und Sie antworten darauf nur: „Er hat lange gepredigt.“ oder „Er hat viel geredet.“
Die Predigt ist dann wohl nicht besonders einprägsam gewesen.

Was mag Jesus also gelehrt haben?
Ehrlich gesagt können wir darüber nur spekulieren.
Genauso wie wir nur darüber spekulieren können, was die Apostel Jesus berichtet haben als sie sich wieder bei ihm versammelten – wovon der Anfang des Evangeliums erzählt hat.

„Sie berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.“ (Mk 6,30b)
Vermutlich werden sie von Erstaunlichem berichtet haben: Wie durch sie Wunder geschehen sind.
Vermutlich werden sie von der Reaktion der Menschen auf ihre Taten berichtet haben.
Vielleicht hatten sie auch von Schwierigkeiten oder gar von Ablehnung zu berichten.
Auch darüber können wir nur spekulieren.

Aber der Teil aus dem Markusevangelium, den uns die Kirche heute vorlegt, ist keine Einladung zur Spekulation.
Im Gegenteil!
Der Text sagt uns sehr greifbares über Jesus:

Zuerst wird deutlich, dass Jesus zuhört.
Die Apostel kommen mit ihren Erlebnissen und Eindrücken, mit ihren Erinnerungen an das, was sie jüngst erlebt hatten. Sie berichten Jesus davon wie sie sich auf den Weg gemacht hatten, die Menschen zur Umkehr aufgerufen hatten, viele Dämonen ausgetrieben, Kranke gesalbt und geheilt hatten. (vgl. Mk 6,12f)
Und Jesus hörte zu.
Davon, dass ER es kommentiert, wird nicht berichtet.

Aber von seiner Reaktion auf die vermutlich vielfältigen Berichte spricht das Evangelium schon:
„Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“ (Mk 6,31a) sagt Jesus zu den Aposteln.
Er erkennt, wie es denen geht, die sich eingesetzt haben.
Er merkt, dass sie einen Moment zum Verschnaufen brauchen, der Erholung bedürfen, ja vielleicht sogar urlaubsreif sind.
Am Ende des Arbeitsjahres fällt es mir überhaupt nicht schwer, das nachzuempfinden.

Jesus kennt die Menschen und weiß, wie es ihnen geht.
Gegen Ende der Begebenheit, die das Evangelium heute erzählt, wird das noch deutlicher, wenn es von IHM heißt: „Als er (aus dem Boot) ausstieg sah er die vielen Menschen, und hatte Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ (Mk 6,34ab)

Jesus durchschaut und versteht, wie es dem Menschen geht.
Und es lässt ihn nicht unberührt. 
Er hat Mitleid mit uns Menschen.
Wenn hier von Jesu Mitleid gesprochen wird, dann ist es nicht nur ein Bedauern.
„Es ergreift ihn Erbarmen“ – so könnte man es auch übersetzten (vgl. Interlinearübersetzung).
„Es geht ihm zu Herzen.“ 
„Diese Leute taten Jesus voll Leid“ gibt es eine Übersetzung in der Jugendsprache (Volxbibel) wieder.

Jesus leidet mit den Menschen, die wie eine Herde ohne Hirten waren.
Jesus weiß, wie es uns geht. Er überfordert uns nicht.
Im Gegenteil: Sein Mit-Leiden wird sich später dadurch zeigen, dass er sich mit all den Leidenden vereint und selber ein Leidender wird. So zeigt er deutlich, dass ER einer ist, der nicht nur redet, der nicht nur mit Worten sein Bedauern ausdrückt, wenn es einem anderen schlecht geht.
Nein – Er ist einer, der sich durch sein Handeln mit den Leidenden solidarisiert, ja selber ein Leidender wird.
Jesus predigt nicht nur. ER handelt.

DAS ist die Predigt, die nicht viele Worte macht, die aber hängen bleibt.
DAS ist die Predigt, die beeindruckt und überzeugt.

„Er lehrte sie lange.“ (Mk 6,34c)
ER lehrt uns durch sein Mit-Leiden, durch sein LEBEN und sein STERBEN.
DAS ist die Predigt Jesu.
Auch für UNS.

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