Im Licht leben – Predigt am 4. Sonntag der Fastenzeit

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich kann es inzwischen fast nicht mehr hören:
Wenn man die Zeitung aufschlägt oder die Nachrichten anmacht: gefühlte 95% der Dinge, die da auf uns einprasseln sind schlechte Nachrichten.
Und nicht nur das: Es scheint bei den allermeisten Sachen nicht einmal einen Ausweg zu geben.
Von Hoffnung und „Licht am Ende des Tunnels“ ist nur selten die Rede.
Stattdessen haben Verschwörungstheorien und Weltuntergangsszenarien – vor allem im Internet -Hochkonjunktur. Sogar unter Menschen, die sich als Christen bezeichnen.

Die Dunkelheit scheint immer mehr um sich zu greifen.
Und auch in unserem kleinen, privaten Bereich scheint mir nicht selten die Finsternis immer mehr Raum zu gewinnen:
Da ist die schlechte Laune des Nachbarn, die auch mich griesgrämig macht.
Da ist der Ärger über dies oder jenes, das mich zu Zornesausbrüchen bringt.
Da ist die unversöhnliche Situation oder die Verletzung aus der Vergangenheit, die ich dem Andern immer noch vorhalte, obwohl das Ganze eigentlich schon längst überwunden sein müsste.

Um es mit einem Bild zu sagen:
Manchmal erscheint es mir, als ob wir in einem abgedunkelten Raum in einer Ecke sitzen.
Wir haben zwar schon den inneren Wunsch, dass uns wenigstens ein kleines Licht aufgehen möge, damit wir uns nicht mehr fürchten müssen und uns in unserer Welt wieder zurecht finden können, aber einen Schalter, an dem wir das Licht einschalten könnten, finden wir nicht.

Und dann sind da noch die Zeitgenossen, denen es gar nicht so unpraktisch zu sein scheint, die meinen, im Schutze der Dunkelheit tun zu können, was sie wollen, ohne dass jemand Anderer es sieht.

Diese Situation umschreibt Jesus, wenn er im Johannesevangelium das Gericht beschreibt:
„Mit dem Gericht verhält es sich so: Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse. Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden.“ (Joh 3,19f)

Sind wir also in einer ausweglosen Situation?
Nein!
Jesus bleibt nicht bei dieser Schilderung stehen. Er fährt fort:
„Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott vollbracht sind.“ (Joh 3,21)

Es gibt einen Ausweg aus der Dunkelheit.
Es gibt eine Möglichkeit aus der Finsternis zum Licht zu kommen.
In dem abgedunkelten Raum, in dem wir in der Ecke sitzen, liegt gewissermaßen vor uns eine Schachtel Streichhölzer, mit deren Hilfe wir zu Licht kommen.

Wer die Wahrheit tut, kommt zum Licht.“ (Joh 3,21a)

Wir sind nicht dazu verdammt, in der Finsternis zu bleiben.
Wir müssen nur – um im Bild zu bleiben – die Streichholzschachtel aufheben, ein Streichholz herausnehmen und es anzünden.
Dann wird Licht sein in unserer Umgebung. 
Und wenn es uns dann gelingt noch eine Kerze anzuzünden, dann wird der Raum um uns herum 
sogar für längere Zeit hell sein.

Wer die Wahrheit tut, kommt zum Licht.“ (Joh 3,21a)
Die Wahrheit TUN.
Das ist die Methode, die sicherstellt, dass wir zum Licht kommen.
Doch was bedeutet das: Die Wahrheit TUN?

Jesus spricht wieder einmal vom TUN und nicht vom REDEN.
Die Wahrheit sagen, das wäre einfach.
Besonders wenn wir sie dem Andern mal so richtig an den Kopf werfen könnten.
Doch davon spricht aber Jesus nicht.
Er fordert uns auf, die Wahrheit zu TUN.
Was meint er damit?

Das griechische Wort für Wahrheit, das auch an dieser Stelle des Evangeliums verwendet wird, ist ἀλήθεια. Es ist die ἀ-λήθεια, die Un-verborgenheit – so genau übersetzt -, um die es geht.

Das Wort Wahrheit könnten wir hier auch mit Begriffen wie Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Unverfälschtheit übersetzen.
Wir könnten es also auch so sagen:
„Wer nicht Heimlichkeiten tut, wer mit offenen Karten spielt, der kommt zum Licht.“
„Wer das Offen-sichtliche tut, der kommt zum Licht.“

„Die Wahrheit TUN“ 

„Was ist Wahrheit?“ so fragt Pontius Pilatus Jesus (vgl. Joh 18,38) und erhält darauf von ihm keine Antwort.
Einige Kapitel zuvor sag Jesus zu seinen Jüngern: „ICH bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Joh 14,6)
Jesus selbst IST die Wahrheit. Das Johannesevangelium bezeugt schon in seinen ersten Sätzen: 
„Gnade und Wahrheit kamen durch Jesus Christus“ (Joh 1,17)

Und wenn wir uns an IHN halten, an sein Wort halten, werden wir – so sagt es Jesus selber – seine Jünger und wir werden die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird uns frei machen. (vgl. Joh 8,31f)
Die Wahrheit TUN heißt dann doch nichts anderes, als TUN, was Jesus gesagt und getan hat.
Die Wahrheit TUN heißt: Handeln wie ER.
Wer handelt wie ER, der kommt zum Licht.
Wer seinen nächsten liebt, der kommt zum Licht.
Wer sein Leben für die Brüder und Schwestern einsetzt, der kommt zum Licht.
Wer die gegenseitige Liebe erfährt, der kommt zum Licht.
Wer dem Bruder und der Schwester immer wieder vergibt, der kommt zum Licht.
Wer sein Kreuz auf sich nimmt und Jesus nachfolgt, der kommt zum Licht.

Wir könnten diese Liste weiterführen und noch viele Beispiele und Möglichkeiten nennen für das was Jesus getan und gelehrt hat.
Wer so lebt, der bleibt nicht in der Finsternis sondern kommt zum Licht.
Wie in einer Streichholzschachtel viele Streichhölzer sind, so gibt es viele Möglichkeiten die Wahrheit zu tun.
Wenn wir auch nur eine davon nützen, werden wir die Dunkelheit hell machen und die Finsternis vertreiben.

Aus der Physik wissen wir, dass Dunkelheit keine eigene Qualität ist. Dunkelheit ist nur: die Abwesenheit von Licht.
Und so wie wir die Dunkelheit durch das Anzünden eines Streichholzes vertreiben können, so können wir die Welt hell machen, indem wir in vielen kleinen und größeren Gelegenheiten so leben, wie es Jesus gesagt und gelehrt hat.

Lasst uns also im Licht leben!

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