HÖRE Israel, HÖRE Christenheit, HÖRE Mensch – Predigt am 31. Sonntag im Jahreskreis

Was muss ich tun, um ein Heiliger zu werden?
Ganz sicher muss ich mich an die Gebote halten.

Jesus wird im Evangelium von einem Schriftgelehrten gefragt:
„Welches Gebot ist das erste von allen?“ (Mk 12,28b)
Welches Gebot ist für uns Christen das Wichtigste?
Liebe Gott und liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst.
Diese beiden, oder – wenn wir es genau nehmen wollen – diese 3 Gebote Liebe Gott, den Nächsten und Dich selbst, sind zentral und die Zusammenfassung aller Gebote, die uns die Bibel vorlegt.

Aber wenn wir genau in den Text hineinschauen, den wir gerade aus dem Markusevangelium und zuvor schon aus dem Buch Deuteronomium gehört haben, steht da an der erster Stelle noch ein anderes Wort, das wir zu schnell und eigenartigerweise vielleicht auch zu gerne überhören. „Das erste ist: Höre, Israel,
der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.“ (Mk 12,29 & Dtn 6,4)
Das steht – noch vor dem Gebot selbst – an erster Stelle.
Und das erste Wort in diesem Satz heißt „HÖRE“!

Was Jesus aus dem fünften Buch Mose zitiert, ist das Gebet, das ein frommer Jude – wie Jesus sicher auch einer war – mehrmals am Tag rezitiert. Es ist das Bekenntnis der Juden und hat in der jüdischen Glaubenspraxis einen vielleicht noch höheren Stellenwert als bei uns Christen das Vater Unser.
„Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.“ 
„HÖRE“

Was ist das Erste und Wichtigste für einen gläubigen Menschen?
Das HÖREN.

Mir kommt die berühmte Skulptur von Ernst Barlach „der Hörende“ in den Sinn: Eine Gestalt, die mit weit aufgerissenen Augen zum Himmel schaut. Mit beiden Händen die Ohren so vergrößert, dass man den Eindruck hat, dass dieser Mensch ganz Ohr ist.

HÖRE Israel, HÖRE Christenheit, HÖRE Mensch, dann kannst Du das Wichtigste wahrnehmen. HÖRE, dann kannst Du Gott entdecken.

Mir scheinen die Menschen in unserer Gesellschaft und auch Menschen in der Kirche das HÖREN immer mehr zu verlernen. Es läuft zwar ständig der Radio, aber hören auf das Wesentliche wird dadurch nicht gefördert. Wir hören zwar ständige News, neueste Nachrichten, aber überhören wir dabei nicht das, was sich hinter den Meldungen verbirgt?

HÖRE Israel, HÖRE Christenheit, HÖRE Mensch!
Höre in Dich hinein, dann wirst Du in Dir Dinge entdecken, die Du nicht für möglich gehalten hättest.
Höre auf die Signale Deines Körpers und auf die tiefen Regungen Deines Geistes, dann wirst Du Deine Seele mit ihren Tiefen, ihren Abgründen, mit ihrem Licht und ihrer Dunkelheit entdecken und verstehen lernen und Gott begegnen.
Höre, was Dein Gegenüber sagt, seine ausgesprochenen und unausgesprochenen Worte, seine Gesten, seine Sehnsucht, seine Freude, dann wirst Du Gotte entdecken.
Höre auf das was Gott Dir sagt in den Gegebenheiten und Herausforderungen des Lebens, in der Schönheit der Schöpfung, in der Weisheit seines Wortes. 

HÖRE Israel, HÖRE Christenheit, HÖRE Mensch! Dann wirst Du erkennen, worauf es im Leben wirklich ankommt und wofür es sich zu leben lohnt.

„Hört und ihr werdet leben“ (Dtn 4,1) wird dem Volk Israel prophezeit.

Morgen feiern wir Allerheiligen. Wir werden auf die schauen, die ihr Leben hier schon vollendet haben. Auf die, die uns Vorbild für unser Leben sein können. Und ich denke von den meisten können wir lernen, dass sie Hörende waren. Menschen, die auf die Zeichen Gottes, die Zeichen ihrer Mitmenschen, die Zeichen ihrer Zeit und auf die Stimme in ihrem Inneren gehört haben.

Was muss ich tun, um ein Heiliger zu werden?

HÖREN 

1 thought on “HÖRE Israel, HÖRE Christenheit, HÖRE Mensch – Predigt am 31. Sonntag im Jahreskreis

  1. René Meier

    Danke für diese deine Predigt von Allerheiligen … gibt mir gute Anstösse für heute Abend!!! 🙂

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