Gott unter uns im Gewand des Menschen. – Primizpredigt für Florian Stadlmayr

Gott unter und im Gewand des Menschen - Jesus auf der Parkbank in Kapharnaum - Primizpredigt für Florian Stadlmayr

Vor der Stadt Kapharnaum am See Genezareth, steht eine bemerkenswerte Skulptur: Auf einer Parkbank, liegt eine Figur. Die Gestalt ist eingehüllt in eine Decke, die sie über den Kopf gezogen hat. Auf den ersten Blick meint man, es sei ein schlafender Obdachloser. Erst beim genauen Hinsehen Sieht man die Nagelwunden an seinen nackten Füßen. Es ist Jesus Christus, der Auferstandene.

Gott unter uns im Gewand des Menschen. Das ist der Primizspruch von Florian.
Gott unter uns im Gewand des Menschen hat Florian sich als Leitwort für seinen Dienst gewählt.

In Kapharnaum am See Genezareth, da hatte Jesus in den Jahren seines öffentlichen Wirkens seinen „Stützpunkt“. Es war die Heimatstadt von Petrus und Andreas und anderen Aposteln. Jesus lebte dort mitten unter den Leuten. Von dort aus zog er umher und verkündete das Evangelium vom Reich Gottes. Dort und damals in Kapharnaum war ER – war Gott– im Gewand des Menschen da. 
Zu erkennen nicht an einer bestimmten Kleidung, sondern an seiner Botschaft. Und daran, wie er heilend und predigend den Menschen die FOHE Botschaft nahe brachte. In Kapharnaum war er Gott unter uns im Gewand des Menschen.

Bei der Ministrantenwallfahrt im vergangenen Jahr entdeckte ich die selbe Skulptur noch einmal. In Rom, vor der Kirche Sant’Egidio, auch da liegt der Auferstandene Christus – im Gewand des Menschen – auf der Parkbank. 

Gott unter und im Gewand des Menschen - Jesus auf der Parkbank vor San't Egidio in Rom - Primizpredigt für Florian Stadlmayr

Es ist das Gewand des Armen, des Penners, des Ausgestoßenen, des Flüchtlings. Das Gewand derer, um die sich die Mitglieder der Gemeinschaft Sant’Egidio, annehmen: Sie kümmern sich um Arme und notleidende Menschen in Rom und in unzähligen Ländern dieser Erde. 
Auch da ist Gott unter uns im Gewand des Menschen.

Gott verkleidet sich nicht nur als Mensch, damit er den Menschen nahe sein kann. (So wie es die griechischen und römischen Götter bisweilen taten.)

Unser Gott ist MENSCH geworden. Er identifiziert sich mit dem Menschen so sehr, dass er jedem von uns am Ende sagen wird: „Was DU für einen meiner geringsten Brüder getan hast, das hast du ihr mir getan.“ (vgl. Mt 25,40) Und „was DU für einen dieser Geringsten nicht getan hast, das hast du auch mir nicht getan.“ (vgl. Mt 25,45)

Er nimmt uns jede Ausrede, dass wir Gott nicht begegnen könnten, weil wir nicht so religiös und fromm sind, dass wir Ihn nicht wahrnehmen oder sehen zu könnten: Hilfsbedürftige gibt es immer und in ihnen begegnet ER uns: Gott unter uns im Gewand des Menschen.

Lieber Florian, Du hast Dir dieses Wort als Überschrift über Dein priesterliches Wirken gewählt. Es passt nicht nur zu Dir und zu Deinem früheren Beruf des Heilerziehungspflegers. Er passt in der Tat noch mehr zu Deiner Berufung als Priester.

Als Priester begegnest Du unzähligen Menschen, Mitarbeitern und Hilfsbedürftigen, Kindern und Alten, Frohen und Traurigen.
In all denen begegnet Dir Gott unter uns im Gewand des Menschen.
Alle die erwarten von uns, von den Christen – und erst recht von uns Priestern – dass wir ihnen nicht nur im Gottesdienst, sondern auch im Alltag GOTTES-DIENST erweisen. 

Gott unter uns im Gewand des Menschen.
Wir begegnen Gott im Menschen.

Und umgekehrt begegnet Gott den Menschen auch durch UNS.

Natürlich besonders dicht in der Feier der Sakramente. Aber nicht nur da!
Die Menschen begegnen Gott auch in dem, wie Christen jeden Standes und Alters miteinander umgehen und wie sie mit den Anderen umgehen.

Ihr seid das Salz der Erde … Ihr seid das Licht der Welt!“ (Mt 5,13f)
Die Menschen erwarten zurecht, in uns das Licht Gottes sehen zu können in uns die Würze Gottes zu schmecken.
Wenn wir in die konkrete Kirche hineinschauen?, erleben die Menschen da – sehen die Menschen da – spüren die Menschen da – dass ihnen Gott begegnet?
In den Gemeinden, bei den Priestern und hauptamtlichen Mitarbeitern, im Reden und Tun eines jeden Christen?
Die Menschen müssen in unseren Gottesdiensten, in unserer Verkündigung und in unseren kirchlichen und caritativen Einrichtungen Gott unter uns im Gewand des Menschen erleben können.
Selbstverständlich müssen ihn die Menschen von heute HEUTE und in einer zeitgemäßen Weise erleben.

Dass Dir – lieber Florian – das ein Anliegen ist, weiß ich aus vielen Gesprächen und Diskussionen mit Dir. In deiner Osterpredigt hast ein Beispiel gegeben, das sogar bis zu mir gedrungen ist: „Wir feiern Ostern, wir feiern nicht die Wiederbelebung einer Leiche, sondern etwas ganz Neues.“

Prägnant und verständlich, so dass man es sich merken kann.
Und außerdem so richtig: Der Auferstandene ist ganz NEU: ER ist Gott unter uns. IHN erlebbar zu machen, dazu bist Du am vergangenen Sonntag zum Priester geweiht worden. IHN zu verkünden bist Du und sind wir alle, die Priester und das ganze Volk Gottes gesandt.

Zwei Aspekte vergiss also nie, wenn Du Dich an Deinen Primizspruch erinnerst:
Erstens: DU begegnest Gott im Gewand des Menschen.
Und zweitens: IN DIR begegnen die Menschen Gott im Gewand des Menschen.

So weit, so gut.
Aber schauen wir noch einmal die Skulptur des Jesus auf der Parkbank an:
Ein wesentliches Detail dürfen wir nicht übersehen!
Es sind seine Wunden!
Allzu gerne übersehen wir die.
Sie sind ja verklärt!
Aber sie sind Jesus am Kreuz zugefügt worden!

Wenn wir Gott sehen wollen, kommen wir am gekreuzigten Gott nicht vorbei!
ER hat das Kreuz nicht ignoriert, sondern getragen und an ihm auf brutalste Weise sein Leben hingegeben.

Das Kreuz ist das Erkennungszeichen der Christen.

Im Galaterbrief hatte Paulus sich mit Leuten auseinandergesetzt, die meinten, ohne den Gekreuzigten die Gemeinschaft der Kirche aufbauen zu können.
Sie waren stolz auf das, was sie geschafft hatten und rühmten sich ihrer guten Taten.

Diesen Leuten sagt Paulus ins Gesicht: „Ich will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen…“ (Gal 6,14)
Mit anderen Worten gesagt:
Lobt nicht den Paulus mit seinem missionarischen Einsatz und Überzeugungskraft!
Lobt lieber Christus, der uns am Kreuz erlöst hat.

Nicht Ideen werden Euch retten, sondern eine Person.
Die verbirgt sich oft im Gewand des Gekreuzigten.
IHN dürfen wir entdecken.
Und lernen, dass ER da ist:
Wenn Menschen leiden,
wenn wir schmerzliche Erfahrungen machen müssen,
wenn wir an unseren eigenen Schwächen und den Schwächen der Anderen leiden,
wenn wir uns schon wieder neuen Situationen und Herausforderungen gegenüber sehen.

Manchmal ist er deutlicher zu sehen, manchmal müssen wir zwei- oder mehrmals hinschauen.

Auf alle Fälle dürfen wir uns immer erinnern: Jesus bleibt nicht tot am Kreuz!
ER ist AUFERSTANDEN – ER ist ganz NEU!
Und ER ist unter uns!
ER führt uns in die Zukunft.

ER ist
Gott unter uns im Gewand des Menschen!

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