Der kleine Junge und sein Ein-Promille-Beitrag – Predigt zum 17. Sonntag im Jahreskreis

Mitten im Evangelium, begegnet uns jemand, von dem wir nicht einmal seinen Namen kennen.
Ein kleiner Junge.
Von ihm erfahren wir nur, dass er fünf Gerstenbrote und zwei Fische hat.
Mehr sagt uns der Evangelist Johannes – zumindest direkt – über diesen kleinen Jungen nicht.
Indirekt wird aus dem Zusammenhang klar, dass er bereit ist, seine fünf Brote und zwei Fische herzugeben.
Offenbar überlässt er diese – angesichts der riesigen Menge von Leuten – unbedeutende Gabe Jesus.
Die fünf Brote und zwei Fische für 5000 Männer gerade mal ein Promille. Ein Brot für tausend Männer.
Aber mehr ist halt auch nicht da.

Mehr Brot nicht. Aber es ist noch viel mehr da! Es ist Jesus da! ER wirkt da am Ufer des Sees von Galiläa
ein erneutes Zeichen. Und ohne den kleinen Jungen und seine vergleichsweise winzige Gabe hätte Jesus dieses Zeichen nicht wirken können.
Das Zeichen wird die Menschen so sehr beeindrucken, dass sie versuchen werden, IHN zum König zu machen.

Doch schauen wir uns den kleinen Jungen noch einmal an:
Er gibt, was er hat. Alles, was er hat. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Das macht ihn, der namenlos bleibt, neben Jesus für mich zum Helden dieser Begebenheit.
Die Jünger, die Erwachsenen, rechnen lieber. Die Großen kalkulieren und zählen genau nach.
Der kleine Junge nicht. Er gibt einfach.

Und sein kleiner und rechnerisch unbedeutender Beitrag, ist das, woran Jesus mit seinem Zeichen ansetzen kann. Ob ER ohne die fünf Brote und die zwei Fische des kleinen Jungen sein Zeichen hätte wirken können?
Ich bezweifle das.

Der kleine Junge ist für mich der erste, menschliche Held dieser Geschichte.
Und er ebnet den Weg dazu, dass der göttliche Held – Jesus – das unglaubliche wirken kann.

Wie schön wäre es, wenn wir – wie der göttlichen Held – die Nöte unserer Zeit, die große Ungerechtigkeit in der Welt, die Sorgen, die sich viele angesichts der Krise machen, die Schwierigkeiten, die wir bei uns und anderen sehen, mit einem Gebet und durch unser Gottvertrauen beiseite räumen könnten! Aber wir vermögen es nicht.

Und dann begegnet uns der kleine Junge aus dem Evangelium. Und er sagt mir und er sagt uns durch das was er tut: Handle genauso. Gib, was in Deinen Kräften steht. Gib, was Du kannst. Sei dabei großzügig. Und leg das, was Du hast, in die Hände Jesu. ER kann das Zeichen wirken.

Mich hat in den letzten Tagen sehr beeindruckt, was über die konkrete Hilfsbereitschaft von Menschen für die Flutopfer in Westdeutschland berichtet wurde. Neben den entsetzlichen Bildern von Zerstörung, stehen Menschen, die sich mit ihren Werkzeugen und Maschinen aufmachen, um den in Not geratenen zu helfen. Wie aus dem Nichts spenden Unbekannte denen, die alles verloren haben, das, was sie am dringendsten brauchen. Wie der kleine Junge im Evangelium machen sie so den Anfang, damit andere aus ihrer Not kommen. Mich beeindruckt das mehr als die Bilder der Verwüstung.

Und wenn ich im Angesicht des schrecklichen und der Not überlege, was ich, was wir tun können, dann kommt mir die Begebenheit der Brotvermehrung in den Sinn.
Im Markusevangelium sagt Jesus nämlich vor der Brotvermehrung zu den Jüngern: „Gebt IHR ihnen zu essen!“ (Mk 6,37)

Es mag nicht viel sein, was ich, was Du und Sie geben können, aber Jesus wird seines drauflegen und nicht Geizen, wenn wir den Anfang machen.

Der Evangelist Johannes betont bei seinen Schilderungen der Wunder Jesu immer, dass es sich um „Zeichen“ handelt. „Zeichen“ stehen für eine tiefere Aussage, die sie bezeichnen.
Beim Blick auf den Bericht von der Brotvermehrung, den uns der Evangelist Johannes überliefert, ist für mich die tiefere Aussage: „Schau auf den kleinen Jungen!“ – „Gib, großzügig, auch wenn das was Du zu geben hast im Verhältnis nur wenig erscheint!“ – „Jesus wird es so vermehren, dass alle genug haben.“

Es fällt mit dabei nicht nur die arme Witwe ein, die Jesus beim Spenden im Tempel beobachtet und die nur zwei kleine Münzen in den Kasten tut. Von ihr sagt Jesus: „Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles hergegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.“ (Mk 12,43f)

Und an einer anderen Stelle im Lukasevangelium sagt uns Jesus klar: „Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen; denn nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird auch euch zugemessen werden.“ (Lk 6,38)

Es braucht Mut und Überwindung, es so zu machen, wie der kleine Junge.
Aber dass es sich lohnt, hat Jesus nicht nur ihm, sondern 5000 Männern gezeigt.

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