Auf das Licht schauen – Predigt am 3. Adventssonntag im Lesejahr A

Was sehen Sie?
Sehen Sie auch einen schwarzen Punkt?

Für mich ist das ein Bild für eine der großen Krankheiten unserer Zeit und unseres Landes: dass wir ständig auf das Negative (das es zweifellos auch gibt) starren und uns davon gefangen nehmen lassen. Auch in der Kirche.
Für nicht wenige Menschen ist Kirche gleichbedeutend mit Missbrauch, Macht von alten Männern, Finanzskandalen und anderen – zweifellos kritikwürdigen – Dingen.

Aber, ist das alles die ganze Wirklichkeit?
Überhaupt nicht!
Es ist nur ein kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit, über den aber in den Medien berichtet wird und die bei vielen Menschen als die einzige Wirklichkeit ankommen.
Das ist durch die neuen sozialen Medien leider noch schlimmer geworden.

Wie gesagt: will ich nicht das Negative leugnen, aber gibt es nicht auch so viel positives, über das zu berichten sich mehr als rentieren würde?
Ich halte es für einen Trick des Teufels, dass er uns nicht nur zuerst das Schlechte sehen lässt, sondern unsern Blick auf den dunklen Fleck verengt. Das zieht einen dann nicht nur psychisch runter, das nimmt einem auch die Hoffnung, die Freude am Leben und den Blick für die Anderen. Es zerstört unser Herz und führt letztlich zu immer mehr Egoismus und zur Spaltung.

Noch einmal deutlich gesagt: Es geht nicht darum, das Negative zu ignorieren oder gar zu leugnen. Das Böse, das Dunkle, das Negative ist durchaus eine Wirklichkeit. Doch wenn wir auf den schwarzen Punkt starren, dann verschwindet das weiße Blatt in unserem inneren Blick und wir haben den Eindruck, dass nur der schwarze Punkt existiert.

Genau das können wir in der Welt und in der Kirche beobachten.

Die Adventszeit will uns wieder neu dazu ermuntern auf das Licht zu schauen. Nicht umsonst ist das Symbol des Lichtes in dieser Zeit so präsent.

Die Physik sagt uns ganz deutlich, dass die Dunkelheit nichts anderes ist, Abwesenheit von Licht. So wie die Kälte nichts anderes ist, als ein fehlen von Wärme.

Für uns Christen ist Licht und Wärme mehr als nur ein physikalisches Phänomen. DAS Licht, das WAHRE Licht, ist eine Person: Es ist Christus
ER ist das Licht der Welt. (vgl. Joh 8,12)
ER kam in die Welt. (vg. Joh 1,9)
„Das Licht kam in die Welt, doch die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht“ (Joh 3,19)

Wenn wir nicht in der Finsternis leben und bleiben wollen, gibt es einen Weg: Einen, der von sich sagt: „ich bin DER WEG.“ (Joh 14,6)
Jesus Christus. Auf IHN müssen wir schauen.
Für Christen ist es unabdingbar, ganz bewusst auf Christus zu schauen.
ER zeigt sich im Guten, in der Liebe, in der Versöhnung, in der wahren Freiheit, im Einsatz für Andere und da wo Licht, Freude und Friede wachsen.
Wo all das nicht wächst, herrscht die Finsternis.

Nicht wenige Menschen starren auf das Dunkle, wie das Kaninchen auf die Schlange und merken am Ende vielleicht nicht einmal mehr, dass sie davon verschlungen werden.

Die Lesungen des heutigen Dritten Adventssonntags wollen uns genau dazu ermuntern auf das Gute zu schauen:

So schreibt Jesaia: „Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott! Er selbst wird kommen und euch erretten. Dann werden die Augen der Blinden geöffnet, auch die Ohren der Tauben sind wieder offen. Dann springt der Lahme wie ein Hirsch, die Zunge des Stummen jauchzt auf.“ (Jes 35,4ff)

Und Jesus selbst beschreibt: „Blinde sehen wieder, und Lahme gehen; Aussätzige werden rein, und Taube hören; Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet.“ (Mt 11,5)

Mit anderen Worten: Schaut doch hin auf das viele Gute!
Es geschieht ja schon.
Ihr müsst es nur sehen wollen.

In unserem Land:
Noch nie ging es den Menschen so gut wie heute.

In der Kirche:
Noch nie haben sich so viele Frauen und Männer eingebracht.
Noch nie war das Verhältnis unter den christlichen Kirchen so gut wie heute.

Unter den Religionen:
Noch nie war so viel Dialog zwischen Gläubigen verschiedenster Überzeugung.

Und im Kleinen, in unserer Pfarreiengemeinschaft:
Circa 500 Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche bringen sich allein in unseren Gemeinden aktiv ein.

Und in unseren Familien:
Sie selber, liebe Schwestern und Brüder, wissen, was da Tag für Tag an Gutem geschieht.

Sehen Sie es?

Was sehen Sie?

Ich sehe ein weißes Blatt.
Auf dem ein schwarzer Punkt ist.
Auf dem aber vor allem ganz viel weiße Fläche ist, die darauf wartet beschrieben zu werden.

Ich wünsche Ihnen, liebe Schwestern und Brüder, ein waches Auge für das Licht, damit Christus auch in Ihnen zur Welt kommen kann.

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