Zachäus genau besehen – Predigt am 31. Sonntag im Jahreskreis LJ. C

Evangelium in der Version aus der Volxbibel:

Jesus kam auf seiner Reise auch durch die Stadt Jericho. Da wohnte einer, der Zachäus hieß. Er war einer von den obersten Steuereintreibern und hatte durch seinen Job sehr viel Kohle verdient. Zachäus war ziemlich klein. Er wollte Jesus unbedingt auch mal sehen, aber es standen immer irgendwelche Leute davor, die ihm die Sicht versperrten. Darum suchte er sich einen Baum, auf den er raufklettern könnte, um von da eine bessere Sicht zu haben. Der sollte natürlich auf dem Weg liegen, wo Jesus noch vorbeigehen würde. Als Jesus an dem Baum vorbeikam, sah er ihn da oben sitzen. Er rief ihm zu: „Hey, Zachäus, jetzt komm mal runter da! Ich würde mich heute gern bei dir zum Essen einladen!“ Zachäus kletterte, was das Zeug hielt, eilig von dem Baum runter und ging total aufgeregt mit Jesus zu sich nach Hause. Die Leute, die das mitbekommen hatten, waren schon wieder am Lästern. „Er will bei so einem Dreckskerl zu Gast sein, obwohl der offensichtlich nicht so lebt, wie Gott das will!“, motzten sie. Zachäus stellte sich vor Jesus hin und meinte zu ihm: „Jesus, ich werde sofort die Hälfte von meinem Barvermögen an Obdachlose und Sozialhilfeempfänger verteilen. Und wenn ich jemanden in Steuerangelegenheiten betrogen hab, dann geb ich es ihm in der vierfachen Höhe wieder!“ Jesus lächelte ihn an: „Heute ist der wichtigste Tag für dich und für deine Familie! Weißt du, warum? Weil Gott dich heute mit in seine Familie aufgenommen hat! Du bist einer von den Söhnen vom Abraham, die verloren waren. Das genau ist meine Aufgabe. Der Auserwählte, der Menschensohn, ist gekommen, um die Menschen wieder zurück zu Gott zu holen, die aufgegeben wurden oder die sich verirrt haben.“

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir kennen diese Geschichte.
Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass ich heute eine andere Übersetzung vorgetragen habe.
Ich habe sie bewusst gewählt.

Ich weiß nicht, ob es Ihnen so geht wie mir: Die Geschichte kenn ich schon…
Innerlich schließe ich die Augen und dann lasse ich sie beim einen Ohr rein und beim anderen wieder raus.

Doch dazu ist die Begebenheit, die Jesus, die Leute von Jericho und vor allem Zachäus erleben doch viel zu wertvoll. Es steckt dazu viel zu viel drin, als dass man es überhören und zur Tagesordnung übergehen könnte.

Schauen wir uns die Szene doch noch einmal genauer an: Jesus geht durch Jericho. Die Oasenstadt im Jordantal. Es ist die älteste Stadt der Welt. Wer schon einmal da war, der hat vielleicht den riesigen Baum vor Augen, an dem die Pilger halt machen und sich genau an die Szene aus dem Lukasevangelium erinnern.

Schauen wir uns noch gründlicher die beteiligten Personen an: Jesus, die Volksmenge und Zachäus.

Jesus geht durch die Stadt. Seine Jünger sind bei ihm, auch wenn sie in der Erzählung nicht erwähnt werden. Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem. Durch die Stadt begleitet ihn eine große Menschenmenge. Gaffer, Anhänger, Neugierige und Gegner Jesu.
Es ist die gleiche Volksmenge, die an einer anderen Stelle dem blinden Bartimäus befiehlt zu schweigen (vgl. Mt 20,31).
Es ist eine Volksmenge wie die, die einige Zeit später „Hosanna dem Sohne Davids!“ (vgl. Mt 21; Mk 11; Joh 13) und wieder ein paar Tage später „Kreuzige ihn!“ (Mk15,13; Lk 23,21; Joh 19,15) rufen wird.
Es ist die Ansammlung namenloser, die einfach tun, was alle tun. Die Anderen die Sticht versperren und in deren Masse der Einzelne mit seinen Bedürfnissen und Befindlichkeiten untergeht.

Und da ist Zachäus. Ein wirklich reicher Mann. Einer von den obersten Zollpächtern. Steuereintreiber. Kollaborateur mit der Besatzungsmacht. Die anderen bezeichnen ihn als Dreckskerl. Und er ist klein von Gestalt sodass ihm die Menschenmenge die Sicht verstellt.
Dabei will auch er einmal Jesus sehen. Mir scheint es nicht nur Neugier zu sein. Irgendetwas scheint ihn anzutreiben, sodass er sogar auf einen Baum steigt.
Man stelle sich das vor: Macht er sich nicht zum Gespött? Vielleicht aber ist sein Wunsch Jesus zu sehen doch noch etwas stärker als bei der breiten Masse.
Mit seinem Wunsch Jesus zu sehen hebt er sich über die Masse heraus.

Und dann treffen Zachäus und Jesus zusammen.
Jesus schaut zu dem Kleinen, dem Dreckskerl hinauf.
Die Anderen hatten auf ihn hinuntergesehen.
Jesus spricht ihn mit Namen an. Er scheint ihn zu kennen, obwohl sie einander nicht vorgestellt worden waren.
Und Jesus ruft ihm zu: „Hey, Zaches, jetzt komm mal runter da! Ich würde mich heute gern bei dir zum Essen einladen!“ (Lk 19,5)
Ob es tatsächlich zu dem Essen kommt, davon wissen wir nichts. Denn das der Höhepunkt geschieht in diesem Moment:
Zachäus ist zuinnerst getroffen und er macht das gewagte Versprechen, begangenes Unrecht wieder gut zu machen und seinen Reichtum mit den Armen zu teilen.
Jesus lächelt ihn an und sagt ihm: „Heute ist der wichtigste Tag für dich und für deine Familie! Weißt du, warum? Weil Gott dich heute in seine Familie aufgenommen hat! Du bist einer von den Söhnen Abrahams, die verloren waren. (Lk 19,9)

Liebe Schwestern und Brüder!
Ich frage mich: Wer bin ich in diesem Geschehen? In wem finden Sie sich wieder?

Gehöre ich nicht häufig zu der Menge, in der ich mich verstecken kann?
Verstelle ich etwa auch Anderen den Blick auf Jesus?

Oder handle ich wie Jesus, der auf den Außenseiter – sei er arm oder reich, wichtig oder unwichtig –
zugeht? Der es wagt aus der Menge heraus zu treten und mit klaren Worten und noch mehr mit sichtbaren Taten den Menschen Gottes Nähe spürbar zu machen?

Oder bin ich nicht auch wie der Zachäus. Der sich oft zu klein vorkommt, der zwar irgendwie den Wunsch verspürt, Jesus – Gott – zu begegnen, der es aber doch nicht schafft. Der zuinnerst weiß was er alles falsch gemacht hat, der aber auch nicht aus seiner Haut kann. Dem vielleicht das eine entscheidende Wort noch fehlt, damit er wirklich sein Leben ändert.

„Sprich nur ein Wort, dann wird meine Seele gesund…“

Und wie viele Zachäus-Menschen gibt es in unserer Zeit und Welt?

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