Predigt am 4. Sonntag in der Fastenzeit, Lesejahr C

„In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören.“ (Lk 15,1)

Liebe Schwestern und Brüder!

Es ist schon empörend, wenn ausgerechnet „DIE DA“ besser behandelt werden als WIR!
Wie kommt DER dazu, dass er „DIE DA“ bevorzugt behandelt?!
Eine Unverschämtheit, was sich dieser Prediger aus Nazareth, dieser Jesus, da erlaubt!
Dabei haben „DIE DA“ es sich gar nicht verdient!
DIE gehören nicht zu uns!
DIE sollten doch bleiben, wo sie sind oder dahin gehen, wo sie herkommen.
Wir auf alle Fälle haben mit „DENEN DA“ nichts zu schaffen.
Und „DER DA“ täte gut daran, sich von „DENEN DA“ auch fern zu halten!

So, liebe Schwestern und Brüder, haben die Pharisäer und die Schriftgelehrten vermutlich gedacht, als sie sahen, dass Jesus mit Zöllnern und Sündern zusammentrifft und sogar mit ihnen isst.
Die Zöllner und Sünder sind die, die aus der Gemeinschaft ausgeschlossen sind.
Es sind die, mit denen man wegen ihrem Lebenswandel, ihrem Beruf, ihrem Umgang, nichts zu tun haben möchte.
Das sind ja schließlich Leute, die das Leben stören, das wir uns hier aufgebaut haben.
Und wer weiß, am Schluss werden „DIE DA“ noch die Oberhand gewinnen.
Und man hört ja immer wieder, wie „DIE DA“ versuchen, immer mehr Einfluss zu bekommen.
Das muß mit aller Kraft unterbunden werden.

Diese Denke, liebe Schwestern und Brüder, ist gar nicht so weit weg von uns.
Auch heute, auch im angeblich christliche Abendland, ja sogar in katholischen Gebieten und Gemeinden, treffen wir immer mehr auf solch eine Denke!

Im 15. Kapitel des Lukasevangeliums erzählt uns Jesus wegen dieser Denke insgesamt drei Gleichnisse.
Eines – das vom Barmherzigen Vater und seinen beiden Söhnen – haben wir gerade gehört.
Zuvor steht da noch das Gleichnis vom verlorenen Schaf und das Gleichnis von der verlorenen Drachme.
Der Höhepunkt ist aber sicher das Gehörte.

Wenn wir die drei Gleichnisse nebeneinander anschauen, dann fällt eine Regung als die Gemeinsame auf: Die Freude.

Der Mann, der das verlorene Schaf wieder gefunden hat, „ruft seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war.“ (LK 15,6)
Und als die Frau die verlorene Drachme wiedergefunden hat, „ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: freut euch mit mir; ich habe die Drachme wiedergefunden, die ich verloren hatte.“ (Lk 15,9)
Und beides Mal weist Jesus auf die Freude hin, die im Himmel über die Umkehr des Sünders herrscht. (vgl. Lk 15,7.10)

Der Barmherzige Vater lässt sogar vor lauter Freude ein Fest ausrichten, denn er sagt:„Mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.“ (Lk 15,24)
Und zu seinem anderen Sohn sagt er: „Jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern…“ (Lk 15,32)
Der vermeintlich brave Sohn, der meint, immer nach dem Willen des Vaters gehandelt zu haben, dem es an nichts gemangelt hat, der aber immer noch meint, der Benachteiligte zu sein, bockt und ist beleidigt, weil der Vater „den da“ scheinbar bevorzugt behandelt. Er meint, er habe es sich verdient. Doch „DER DA“, was hat der schon getan? Womit sollte „DER DA“sich das verdient haben? Und dann sollte darüber auch noch Freude aufkommen?  Nein!

„Wir sind das Volk“ – das es sich verdient hat.
„DIE DA“ sollen doch bleiben wo der Pfeffer wächst!

Liebe Schwestern und Brüder!
Sie müssen nur die Nachrichten aufdrehen, dann können Sie solches Sprüche täglich hören.
Und wenn Sie in die politische Landschaft in Europa schauen, begegnet ihnen diese Denke leider vor allem in den Ländern zu denen man vor 25 Jahren genauso hätte sagen können, was haben wir mit „denen da“ zu tun! Haben „die“ überhaupt in unsere Sozialkassen eingezahlt? Wieso sollen wir den Wiederaufbau bei „denen da“ mit unseren Steuergeldern finanzieren?
So hätten wir sagen können.

Besonders schockierend finde ich, dass diese Pharisäische Denke aus den sich Christkatholisch verstehenden Ländern zu vernehmen ist.

Liebe Schwestern und Brüder!
Wer nicht versteht, wie Gott selbst den Menschen beurteilt.
Wer nicht wahr haben will, dass Gott JEDEN Menschen liebt, auch den den ich nicht liebe, und den der mich gerade stört.
Wer nicht glaubt, dass Gott jeden Menschen liebt, der hat nichts von der Botschaft Jesu verstanden und der kann auch nicht Christlichkeit für sich in Anspruch nehmen.
Das gilt im Großen wie im Kleinen.
Das gilt bei der drängenden Problematik der vielen Menschen, die zu uns als Flüchtlinge kommen genauso, wie im Umgang unter uns, in unseren Familien, Gemeinden und Schulklassen.

Wie groß müsste die Freude darüber sein, wenn ein Mensch gerettet wird.
Und wie schäbig ist es, wenn man von „DEM DA“ spricht,wo „DER DA“ doch in Wahrheit unser Bruder ist.

Liebe Schwestern und Brüder!

Wenn ich das Gleichnis vom Barmherzigen Vater höre und wenn ich mich frage, wer ich in diesem Gleichnis bin, dann kann ich der ältere Sohn sein, der sich immer redlich mühte, der sich keine Verfehlungen vorzuwerfen hat, der immer brav gearbeitet hat und sich nun fragt, weshalb er jetzt kein Fest ausgerichtet bekommt. Bisweilenwerde ich mich in seiner bockig – beleidigten Haltung wiederfinden.

Ich könnte aber auch der jüngere Sohn sein, der sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten will, der auf der Schnauze landet, der umkehrt, seine Schuld eingesteht und die zärtliche Vergebung des Vaters erfährt. Dann werde ich die Erleichterung darüber spüren, dass nicht die endgültige Abrechnung, der große Kassensturz über mich hereinbricht, das große Aufrechnen, bei dem ich sicher nicht bestehen kann.

Aber, liebe Schwestern und Brüder,
Ich könnte mir auch den Vater zum Vorbild nehmen, der keine Vorwürfe macht, nichts vorrechnet, sondern auf jeden seiner Söhne zugeht, ja der sehnsüchtig auf jeden wartet. Der Vater, der sein Kind in den Arm nimmt weil er voller Liebe und ohne Vorurteile ist.
Der Vater, der im tiefsten Herzen froh ist, wenn die bei ihm sind, die zu ihm gehören.

Nehmen wir uns doch IHN zum Vorbild!

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