„Seid also wachsam!“ (Mt 24,42) – Predigt zum ersten Adventssonntag

Liebe Schwestern und Brüder!

„Seid also wachsam!“ (Mt 24,42)

Wie einer, der sein Haus bewacht, so sollen die Christen aufpassen.
Dabei sagt Jesus hier interessanterweise nicht, dass wir so wachsam sein sollen, um nicht vom Bösen überrascht zu werden.
Vielmehr sollen wir so wachsam sein, damit wir SEINE Ankunft nicht verpassen.

Wann er kommt, darüber kann nicht einmal er selbst Auskunft geben. Nur der Vater kennt diesen Zeitpunkt. (vgl. Mt 24,36)
Aber dass er kommt, darüber lässt Jesus keinen Zweifel.
Und er sagt deutlich, dass man seine Ankunft auch verpassen könnte.
Und damit uns dieses Malheur nicht passiert, sollten wir seinen Rat beherzigen: „Seid also wachsam!“ (Mt 24,42)

Wer wachsam sein will, der muss ausgeschlafen sein.

Sie kennen das alle: Wenn man schlecht geschlafen hat oder mal wieder viel zu spät ins Bett gegangen ist, dann ist man am anderen Tag unleidig, ungeduldig und unkonzentriert. Viel zu leicht schweifen dann die Gedanken von den Dingen ab, die die eigentlich wichtigen sind.
Ein Wächter der übermüdet ist, der wird den Einbruch verschlafen.
Und auch im übertragenen Sinn müssen wir ausgeschlafen sein, um wachsam sein zu können.
Mit wie vielen Tricks und mit welchen Verlockungen werden wir eingelullt, damit wir nicht merken, wie wir hinters Licht geführt werden.

Wer wachsam ein will,der muss ausgeschlafen sein.
Und wer wachsam sein will, der muss die Augen aufmachen.

Mit geschlossenen Augen brauche ich mich nicht vor den Monitor setzen, der das Bild der Überwachungskamera zeigt.
Und auch im übertragenen Sinn sind wir dazu aufgefordert, die Augen auf zu machen.
Ich kann mir die Augen noch so zukneifen und mir noch so viele schöne Dinge vor meinem inneren Auge ausmalen. Die Wirklichkeit ist und bleibt die Wirklichkeit.
Und die muss ich sehen wollen.
Wie viele Menschen verschließen die Augen vor der Wirklichkeit? Vor der eigenen Wirklichkeit, vor der Wirklichkeit der Anderen und auch vor der Wirklichkeit der Welt.
Wie gerne würde ich die Augen vor meinen Abgründen verschließen? Wie angenehm wäre es, wenn ich mich nicht der Herausforderung durch den Anderen stellen müsste.
Wie schön wäre die Welt, wenn da nicht ständig die unangenehmen Sachen stören würden.

Wer wachsam sein will, der muss ausgeschlafen sein und die Augen aufmachen.
Und wer wachsam sein will, der muss mit allem rechnen.

Einer der sein Haus wirkungsvoll bewacht, der muss mit den verschiedensten Möglichkeiten rechnen, die ein Einbrecher sich einfallen lassen kann.
Schön wäre es, wenn das Leben einfach verliefe, immer alle Sachen klar wären, ich alles planen könnte. Doch leider ist das nicht so.
Das Leben hält uns stets Überraschungen bereit.

Wer wachsam sein will, der muss ausgeschlafen sein, die Augen aufmachen und muss mit allem rechnen.
Das gilt für den, der das Haus bewacht ebenso wie in unserem alltäglichen Leben.
Und das gilt auch für den, der als Christ leben möchte.

„Seid also wachsam!“ (Mt 24,42) enthält die Aufforderung: seid ausgeschlafen, haltet die Augen offen und rechnet mit allem.

Jesus kommt in einer Stunde in der ihr es nicht erwartet. Und wahrscheinlich kommt er auch in einer Situation, in der ihr es nicht erwartet.

Das gilt zunächst für sein Kommen in unsere Welt von Heute:
Dass er an Weihnachten kommt, damit würden wir ja vielleicht noch rechnen,
aber dass er am Fasching kommt, das ist doch ungewöhnlich.
Dass er in der Kirche kommt, das ist ja klar,
aber dass er in der Intensivstation oder im Gefängnis kommt, das ist vielleicht erst beim zweiten hinsehen zu erkennen.
Dass er uns bei einer Wallfahrt nahe ist, das ist ja verständlich,
aber bei der Fahrt zum Bayernspiel?

„Seid also wachsam!“ (Mt 24,42)

Wer wachsam ist, der kann IHM überall begegnen.
Wer ausgeschlafen ist, der kann IHN überall erspüren.
Wer die Augen aufmacht, der kann IHN überall sehen.
Wer mit allem rechnet, der kann SEIN WIRKEN in den verrücktesten Situationen erkennen.

Nun wird einer sagen:
Ich habe IHN noch gar nicht gesehen.
Ich habe IHN noch gar nicht gespürt.
Ich bin IHM noch nie begegnet.

Den müsste ich fragen: Bist Du wachsam? Bist Du ausgeschlafen? Hältst Du die Augen offen? Rechnest Du überhaupt damit IHM jemals zu begegnen?

Wenn JA, dann musst du vielleicht noch ein bisschen üben.
Vielleicht noch etwas genauer hinschauen, ein bisschen tiefer blicken und wachsamer sein.

„Seid also wachsam!“ gilt aber nicht nur für das alltägliche Leben.
Es gilt auch im Bezug auf das Ende und auf das Ziel unseres Lebens.
Es gilt auch mit Blick auf die ewige Vollendung.

Auch diesbezüglich gilt:
„Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus einbricht. Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.“ (Mt 24,42ff)

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